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Florence Pugh als Amy March.

Neu im Kino

Little Women

„Ich hatte viel Kummer im Leben, also schreibe ich heitere Geschichten“: In ihrem Roman „Little Women“ von 1868 schildert die Autorin Louisa May Alcott den Versuch von vier jungen Frauen im Amerika Mitte des 19. Jahrhunderts, ihr Leben selbstbestimmt nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Sie nehmen in Kauf, dabei mehr oder minder große gesellschaftliche Hindernisse überwinden zu müssen. Es sind die Erlebnisse ihrer eigenen Kindheit, welche die Novelle Louisa May Alcotts, die 1832 in Germantown/Pennsylvania geboren wurde und mit ihren drei Schwestern zwar in ärmlichen, aber durchaus geistig anregenden Verhältnissen aufwuchs, nicht nur zu einem Klassiker der US-amerikanischen Literatur, sondern zu einem Weltbestseller werden ließen. So ist auch die mit sechs Oscar-Nominierungen geadelte Verfilmung Greta Gerwigs („Lady Bird“), uraufgeführt am 7. Dezember 2019 in New York und jetzt in die deutschen Kinos gekommen, nicht die erste. Sie basiert sowohl auf dem Roman als auch auf den persönlichen Schriften der im Alter von nur 55 Jahren gestorbenen Autorin.

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„Little Women“ folgt den unterschiedlichen Lebenswegen der March-Schwestern Josephine „Jo“ (Saoirse Ronan), Meg (Emma Watson), Amy (Florence Pugh) und Beth (Eliza Scanlen) zu einer Zeit, in der die Möglichkeiten für Frauen eng begrenzt waren. Erzählt wird der mit 135 Minuten keinesfalls überlange Film – wie seine Vorlage - aus der Perspektive von Jo March, dem Alter Ego der Autorin. Die Handlung setzt mitten im amerikanischen Bürgerkrieg ein, wo die Väter auf beiden Seiten der Front für ihre Ideale kämpfen. Wie auch in der Familie March (Bob Odenkirk, „Better Call Saul“) – natürlich auf der Seite des Nordens. So muss Mutter „Marmee“ (Laura Dern, „Big Little Lies“) als Alleinerziehende die Verantwortung für Haushalt und Familie übernehmen. Und schwierige Entscheidungen fällen: Meg, die erklärtermaßen hübscheste junge Frau in Concord/Massachusetts, möchte sich ein Kleid machen lassen. Doch allein der Stoff soll 50 Dollar kosten – und Jo braucht viel dringender einen Wintermantel. Die schriftstellerisch ambitionierte Jo, die gerne als Junge zur Welt gekommen wäre, um jetzt im Sezessionskrieg auf der Seite des Nordens kämpfen zu können, ist nach New York gezogen, wo sie in einem billigen Boarding House wohnt und Unterrichtsstunden gibt. Jeden Cent, den sie erübrigen kann, schickt sie ihrer Mutter.

Neue Hoffnung keimt auf, als sie ihren ersten Text veröffentlichen kann. Ihre künstlerisch interessierte Schwester Amy ist bei Tante March (Meryl Streep, „Die Verlegerin“) in Paris untergekommen und genießt ein vergleichsweise luxuriöses bohemienhaftes Leben unter impressionistischen Malern, wo sie sich rasch in den jungen Nachbarn Theodore „Laurie“ Laurence (Timothée Chalamet, „Call me by Your Name“) verliebt – zum Unmut der Tante. Was diese nicht ahnt: als Laurie nach New York kommt, trifft er zufällig auf Jo – und auch die verliebt sich in den Beau.

Dabei wäre Friedrich Bhaer (Louis Garrel, „Saint Laurent“), ein literaturaffiner Tänzer am Theater, sicherlich die bessere Wahl: Doch seit er ihre in der Zeitung veröffentlichten Kurzgeschichten als verbesserungsbedürftig kritisiert und ihr zum Vergleich eine dreibändige Shakespeare-Ausgabe geschenkt hat, ist der spätere Professor an einer kalifornischen Universität bei der verärgerten Jo unten durch. Die bald darauf von Hannah (Jayne Houdyshell), dem großmütterlichen guten Geist der Familie March, nach Concord gerufen wird: Mutter „Marmee“ ist ernstlich erkrankt. Dabei hilft diese der noch ärmeren jungen Frau Hummel (Sasha Frolova) und ihren fünf Kindern. Nur gut, dass Lauries betuchter Großvater (Chris Cooper, „Im August in Osage County“) nicht weit entfernt wohnt – und für alle ein weihnachtliches Festmahl spendiert.

Greta Gerwig ist für dieses opulente Kostümdrama vielfach gescholten worden, weil es an den feministisch-kritischen Blick ihres ebenfalls mehrfach Oscar-nominierten Vorläufer „Lady Bird” aus dem Jahr 2017 nicht herankommt. Ein Urteil, dass völlig vergisst, in welcher Zeit „Little Woman“ und die daran anschließenden Romane „Good Woves“ (1869), „Little Men“ (1871) und „Jo’s Boys“ (1886) spielen. Die Besetzung jedenfalls schlägt alle vorausgegangenen Verfilmungen von George Cukor (1933) bis Gillian Armstring (1994) um Längen. Bei den Golden Globes gabs zwei Auszeichnungen: Saoirse Ronan als „Beste Hauptdarstellerin“ und Alexandre Desplat für die „Beste Filmmusik“. Unbedingt noch zu nennen: Kameramann Yorick Le Saux. Er hätte eine ebensolche Auszeichnung verdient gehabt. „Little Women“ läuft im Casablanca und im Union Bochum, in der UCI Kinowelt im Ruhrpark, im Eulenspiegel Essen und in der Schauburg Dortmund.

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(Foto) Florence Pugh als Amy March. Foto: Sony Pictures / Wilson Webb

| Autor: Pitt Herrmann