Im Lidl-Safepack fehlten 5.300 Euro (II)
Verliert ein Arbeitnehmer seine Stelle aufgrund einer in der Regel fristlosen "Verdachtskündigung", so sind im Fall einer Kündigungsschutzklage des Betroffenen die rechtlichen Anforderungen an die Tragfähigkeit der Kündigungsgründe hoch. Das zeigte sich jetzt erneut im Fall eines am 9. Februar 2015 fristlos entlassenen Lidl-Mitarbeiters der Filiale an der Sodinger Straße.
Der stellvertretende Filialleiter hatte am 12. Januar zusammen mit einem Kollegen nach dem "Vier-Augen-Prinzip" einen sogenannten "Safe-Pack" mit Bargeld in den Safe der Filiale eingeworfen, der am 15. Januar 2015 vom "Geldentsorger" eines Sicherheitsunternehmens abgeholt wurde. Im Beisein eines Zeugen stellte der "Geldentsorger" bei der Abholung aber fest, dass der Safe-Pack teilweise geöffnet war. Der Lidl-Zeuge rief eine weitere Mitarbeiterin als Zeugin dazu, und gemeinsam wurde der beschädigte Safe-Pack mit Übertragung des angegebenen Werts in einen neuen Safe-Pack umgetütet.
Beim Nachzählen in der Sicherheitsfirma stellte sich aber heraus, dass 5.300 Euro fehlten. Lidl hörte die Beteiligten vom 12. Januar an, wertete eine Video-Aufzeichnung aus und kündigte dem Filial-Vize fristlos. Der ebenfalls anwesende, junge Mitarbeiter hatte ausgesagt, von seinem Kollegen während des Packens und Einwurfs des Safe-Packs kurz rausgeschickt worden zu sein.
Der Gekündigte zog mit Rechtsanwalt Kasimir vor das Arbeitsgericht, dessen 3. Kammer unter Vorsitz von Richterin Große-Wilde jetzt den mit anwesenden Arbeitskollegen als Zeugen geladen hatte. Doch jetzt taten sich für die Kammer noch weitere Möglichkeiten auf, wie das Geld verschwunden sein konnte. Bei der Entdeckung des beschädigten Safe-Packs mit anschließender Umtütung waren die angeblich vorhandenen Barwerte ohne Überprüfung übernommen worden. Das verbunden mit der Frage, ob der Lidl-Mitarbeiter, der im Türrahmen stand und eine weitere Kollegin als Zeugin herbeigerufen hatte, den "Geldentsorger" stets im Blick gehabt habe.
Fortsetzung der Verhandlung mit der Ladung von noch mindestens zwei weiteren Zeugen im Herbst? Dazu kam es dann doch nicht mehr. Denn jetzt kam ein Lösungsvorschlag auf den Tisch, den der Kläger noch im Gütetermin im April als "nicht weitreichend genug" abgelehnt hatte. Umwandlung des fristlosen Kündigungsdatums 9. Februar aus optischen Gründen in den 28. Februar aus "betrieblichen Gründen", um dem zweieinhalb Jahre bei Lidl beschäftigen Mann die Bewerbungen auf neue Jobs zu erleichtern. Das aber ohne jede weiteren Vergütungsansprüche. Nach Zwischenberatung mit seinem Anwalt stimmte der Kläger diesmal zu. Lidl-Prokurist Mehrhoff und Hauptgeschäftfsührerin Brämer vom Einzelhandelsverband hatten bereits vorher ihre Zustimmung soignalisiert. (AZ 3 Ca 583/15)