
Zwei Bewohnerinnen vom Willi-Pohlmann-Zentrum erzählen
Heilig Abend im Pflegeheim verbringen
Heilig Abend ist normalerweise das Fest an Weihnachten, an dem die Familie zusammenkommt und gemütlich zu Hause isst, ein bisschen feiert und Geschenke auspackt. Doch das klappt mitunter nicht für jedes Familienmitglied. Vor allem die Großeltern sind manchmal körperlich zu angeschlagen, manchmal sind auch die Entfernungen zu groß. Manche leben aber auch einfach in einem Pflegeheim und können dort zwar besucht, aber nicht so einfach mit nach Hause genommen werden, selbst wenn es nur für einen Abend wäre.
halloherne war im Willi-Pohlmann-Seniorenzentrum der Awo zu Besuch, um mit zwei Bewohnerinnen zu sprechen, wie sie ihren Heiligen Abend verbringen. Der Standort an der Kronenstraße in Constantin, unweit vom Revierpark Gysenberg, liegt in einer grünen Umgebung.
'Das hier ist mein Zuhause'
Von ihrem Fenster aus kann Marion Borgmann diese grüne Umgebung bestens erkennen – und das obwohl sie nur im Bett liegt. Das macht die 55-Jährige aber absolut aus dem eigenen Willen heraus, betont Beatrice Reubelt vom sozialen Dienst im Haus. „Daher bleibe ich Heilig Abend natürlich auch hier. Ich habe auch nichts anderes, das ist mein Zuhause“, sagt die Heimbewohnerin, die seit 2018 im Seniorenzentrum an der Kronenstraße lebt. „Das ist auch okay so, anders geht es bei mir nicht.“

Marion Borgmann fühlt sich einfach wohl im Bett und liegt daher genüsslich dort drin. Da das an den übrigen Tagen im Jahr auch so ist, ist für sie Weihnachten gar nichts Besonderes. Weihnachtliche Deko sucht man bis auf eine kleine Adventskette mit Christbaumkugeln dran vergebens. „Ich habe keine Eltern mehr und auch keine Kinder. Daher kommt auch niemand zu mir“, sagt die Hernerin, ohne dabei traurig zu wirken, sie akzeptiert ihre Situation und geht positiv damit um.
Großer Fan vom BVB
Doch ganz allein ist sie natürlich nicht. Die Pflegerinnen und Pfleger besuchen sie und sprechen mit ihr, Borgmanns sympathische Art kommt bei den Mitarbeitern gut an. Aber sie beschäftigt sich auch gerne alleine: „Ich schaue gerne fern, das ist mein Ein und Alles. Ansonsten nutze ich auch mein Tablet oft“, erzählt die frühere Steuerfachangestellte. Allerdings ist dies momentan noch zur Reparatur, aber dafür läuft der Fernseher. Mit beiden Geräten verfolgt sie auch gerne die Spiele ihres Lieblingsvereins Borussia Dortmund, ein Trikot an der Wand und weitere BVB-Utensilien im Zimmer untermauern ihre schwarz-gelbe Leidenschaft.
An Heilig Abend freut sich Marion Borgmann, die aus Horsthausen stammt, vor allem auf das Essen. „Würstchen und Kartoffelsalat sind super“, sagt sie, während ihr Gesicht strahlt. Vielleicht wird sie auch mit ihrem Bett zum Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss geschoben, um bei der Feier mit den anderen Bewohnern dabei zu sein. Aber selbst wenn nicht: „Ich fühle mich hier wohl und es ist ein Tag wie jeder andere.“
Vorfreude auf Weihnachten trotz Stürze nicht getrübt
Aktiver ist dagegen Christel Schmidt. Obwohl sie bereits stolze 90 Jahre alt ist, wirkt sie locker sowie fit und ist voll auf der Höhe. Einzig zwei Stürze vor kurzer Zeit haben sie etwas vorsichtiger werden lassen, nun verzichtet sie erstmal auf Spaziergänge in der Umgebung. Ihre Vorfreude auf Weihnachten trübt das aber nicht. „Früher war es aber noch etwas anders, als die Enkel noch klein waren. Nun sind beide schon erwachsen und ich bin hier im Pflegeheim“, sagt Schmidt, die seit 2014 bis vor Kurzem im Haus noch im betreuten Wohnen gelebt hat, nun aber ebenfalls gepflegt wird.

An die vergangenen Weihnachten im Pflegeheim hat sie nur gute Erinnerungen: „Das war wunderbar, schöner geht es zu Hause auch nicht. Bewohner haben Gedichte vorgetragen, Lieder gesungen und es wurden Waffeln gebacken“, beschreibt die 90-Jährige, die ganz in der Nähe gewohnt und daher noch viele Bekannte in Constantin hat. Dieses Jahr freut sie sich daher auch wieder auf ein relativ normales Weihnachtsfest im Heim – durch die beiden Corona-Jahre war das zuletzt stark eingeschränkt.
Abends geht es zum Essen zur Familie
„Ich habe hier alles, was ich brauche. Dazu sind die Bewohner und die Mitarbeiter eine eingeschworene Gemeinschaft“, bekräftigt die frühere Schulsekretärin. „Meine Tochter kommt mich auch regelmäßig besuchen.“ Besonderes Extra für Christel Schmidt: An Heilig Abend verbringt sie den Nachmittag im Heim, bevor ihre Tochter sie abholt und mit zur Familie nach Dortmund bringt, um gemeinsam zu essen.
„Sie fragt mich auch immer, meinst du, dass du die Treppen hoch kommst? Dann antworte ich: Klar, ich renne hier doch auch die Treppen hoch“, und lächelt dabei. „Daher freue ich mich sehr, an Heilig Abend nicht nur Zeit hier mit den Bewohnern zu verbringen, sondern auch meine Familie zu sehen“, erzählt die Heimbewohnerin mit viel Freude.
Dabei ist sie eine von wenigen Bewohnern, die für einen Abend zur Familie können. „Es ist der Standard, dass die Bewohner hier bleiben. Das hängt vor allem mit den gesundheitlichen und logistischen Einschränkungen zusammen, mancher hat auch keine Verwandtschaft mehr oder sie wohnt weit weg“, ergänzt Beatrice Reubelt vom sozialen Dienst. Bei den Veranstaltungen im Heim sei immer ein gewisser Zwiespalt vorhanden: Unterhaltung für die Bewohner und die Gefahr von Corona-Infektionen. „Um diese jedoch weitestgehend zu vermeiden, werden alle Möglichkeiten wie Abstand und Corona-Tests eingehalten.“ So kann man dann gemütlich den Heiligen Abend verbringen - egal wo.
