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Lutz Cramer im Bunker.

Archäologen erforschen Luftschutzbau in Bochum

Ein Relikt des Zweiten Weltkriegs

Bochum. Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) haben im Bochumer Stadtteil Gerthe einen Luftschutzbau aus dem Zweiten Weltkrieg untersucht. Die gut erhaltene Anlage ist offenbar seit Kriegsende nicht mehr betreten worden. Innerhalb eines städtischen Bauvorhabens in Bochum-Gehrte soll der Luftschutzbau abgetragen werden, um einen tragfähigen Baugrund herzustellen. Die Genehmigung dazu hat die Untere Denkmalbehörde in Abstimmung mit der LWL-Archäologie für Westfalen erteilt. Voraussetzung für diese Erlaubnis war die vorherige Dokumentation der Anlage.

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Über zwei obertägige Zugangsbauwerke führen Treppen in wenige Meter tiefer liegende Schleusen. Dahinter stießen die LWL-Archäologen auf zwei rechtwinklig zueinander angeordnete, grabenähnliche Schutzräume. Auf lediglich 50 Quadratmetern konnten so über 120 Personen Schutz finden, die sich auf Holzbänken gegenüber saßen. „Im Innern des Betonbaus war noch ein Großteil der Einrichtung vorhanden“, schildert Thomas Poggel von der LWL-Archäologie für Westfalen. Offenbar wurde die Anlage kurz nach Kriegsende zügig verschlossen und blieb seitdem unangetastet. „Natürlich haben Zeit und Feuchtigkeit ihre Spuren hinterlassen, aber wir können dennoch das genaue Aussehen der beiden Schutzräume rekonstruieren.“

Der Bunker wird vermessen.

Die Sauerstoffversorgung wurde durch Belüftungsrohre sichergestellt. Zwei voneinander unabhängige Stromleitungen speisten mindestens neun Lampen. „Als zusätzliche Notbeleuchtung dienten offenbar mehrere Kerzenhalter an den Wänden“, erzählt Arne Koch, der gerade ein Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege absolviert. „Für mich war es ebenso spannend wie beklemmend, einen Einblick in dieses Bauwerk des Zweiten Weltkriegs zu erhalten.“ Das sieht auch Lutz Cramer so, der zurzeit bei der LWL-Archäologie eine Fortbildung zum Grabungstechniker macht: „Es war so, als wäre die Zeit stehen geblieben.“ Mit einem kleinen Kohleofen konnte der Luftschutzbau beheizt werden. Eintretendes Wasser wurde über eine Rinne im Boden und mit einer Handpumpe abgeführt. Holzmatten über dieser Rinne schützten vor aufsteigender Kälte und die Notdurft konnte auf einer Trockentoilette in einem abgetrennten Abort verrichtet werden.

Bei der Anlage handelt es sich nicht um einen Bunker, sondern um einen sogenannten Deckungsgraben. „Solche Schutzbauten weisen nicht die massive Bauweise eines Bunkers auf“, erläutert Prof. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie. „Sie boten daher in der Regel keinen Schutz gegenüber Bomben, sondern nur gegen Trümmer und Splitter.“ Deckungsgräben wurden bereits seit den frühen 1930er Jahren zum Schutz der Zivilbevölkerung errichtet. Durch bereits vorgefertigte Elemente aus Stahlbeton war es möglich, diese Anlagen schnell und mit wenigen Ressourcen zu bauen.

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Viele dieser Luftschutzbauten wurden nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen. Es gibt aber auch einige, die sich erhalten haben. „In der Regel befinden sich vergleichbare Anlagen in einem desolaten Zustand“, so Baales. „Hier können wir aber einen Deckungsgraben in all seinen Details dokumentieren.“ Dabei konnten sich die Forscher auf Vorarbeiten des Studienkreises Bochumer Bunker e.V. stützen. Der Verein untersucht seit vielen Jahren Luftschutzanlagen im Raum Bochum und stellte den LWL-Archäologen seine 2004 angefertigte Kartierung und Beschreibung des Deckungsgrabens zur Verfügung. Die Luftschutzanlage muss den Baumaßnahmen allerdings weichen und wird bald abgetragen. Sie ist jedoch ausführlich dokumentiert worden und bleibt so nachfolgenden Generationen als Informationsquelle erhalten.

| Quelle: LWL Pressedienst