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Stellungnahme

Zu "Alte Dame lag schon im Leichensack"

Zu dem Vorfall, dass eine alte Dame im Leichensack wieder aufgewacht ist, schreibt der Herner Bestattermeister Hans-Werner Ikemann: "Heute morgen lese ich in der Tagesausgabe der WAZ den Artikel "Alte Dame lag schon im Leichensack." Ich bin Bestattermeister und arbeite seit 35 Jahren im Bestatterberuf und blicke somit auf eine langjährige Berufserfahrung zurück. Ich habe schon vor vielen Jahren das System unserer Leichenschau bemängelt, und damit stehe ich nicht alleine da.

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In Deutschland ist es so geregelt, dass nach vermeintlichem Eintritt des Todes ein Arzt gerufen wird, der den Tod feststellen muss. Im idealen Fall ist dies der Hausarzt, der den Verstorbenen lange Jahre kannte und betreute. Im Krankenhaus ist es der behandelnde Arzt. Bei Haus- Pflegeheim-Sterbefällen muss aber häufig der Notarzt gerufen werden, oder ein niedergelassener Arzt muss aus seinem Praxisbetrieb herausgerufen werden. Man kann sich vorstellen, dass für die genannten Personen nicht viel Zeit bleibt, eine sorgsame Leichenschau vorzunehmen. Das soll kein Vorwurf an diese Ärzte sein. Gerade die Notärzte befinden sich oft in enormem Zeitdruck.

So ist es in vielen Fällen so, dass diese genannten Ärzte auch zu der Todesursache wenig attestieren können und auf dem Totenschein den Tod als nicht aufgeklärt bescheinigen. Dies hat zur Folge, dass die Kriminalpolizei ermitteln muss und der Verstorbene durch die Staatsanwaltschaft beschlagnahmt wird. In vielen Fällen wäre dieser bürokratische Aufwand nicht nötig, wenn die Leichenschau von den richtigen Leuten gemacht würde.

Was uns fehlt, sind ausgebildete nur für die Leichenschau zuständige Experten, so wie es diese in den Vereinigten Staaten gibt. Dort kommt nach der Todesfeststellung in verdächtigen Fällen, bei plötzlichen und unerwarteten Fällen, bei Verbrechen und in Fällen, wo zuvor keine ärztliche Betreuung stattfand, zunächst der Coroner, bevor der Bestatter tätig wird. Ich habe in meinem langen Berufsleben so manche Leichenschau miterlebt, wobei der beauftragte Arzt den Verstorbenen im Grunde von Weitem begutachtet hat.

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In unserem System kann es somit immer wieder zu solchen Fällen kommen. Man muss wohl von Glück sprechen, dass die Verstorbene in den privaten Räumlichkeiten des Bestatters lag, wo sich häufiger Personen aufhalten. Im Normalfall wäre die Verstorbene auf dem Friedhof in einer Zelle untergebracht worden. Dort wäre die Wahrscheinlichkeit, von jemandem gehört zu werden, wohl sehr gering gewesen. In den späten Nachmittagsstunden ist dort wohl niemand mehr."