Stellungnahme des Sprecherkreises Sozialforum
Zum Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung
Der Sprecherkreis des Herner Sozialforums nimmt ebenfalls zu dem 6. Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung Stellung und schreibt dazu: „Die Entwicklung der Ungleichheit in Deutschland zutiefst besorgniserregend – Hartz IV hat versagt. Der 6. Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsbericht kommt einem regierungspolitischen Armutszeugnis gleich", so der Sprecherkreis des Herner Sozialforums dem Frank Sichau, Edith Grams, Franz-Josef Strzalka und Norbert Arndt angehören. Weiter heißt es:
„Die Entwicklung der Ungleichheit in einem reichen Land wie Deutschland ist skandalös und zutiefst besorgniserregend. Der Bericht zeigt deutlich, dass Armut sowie Reichtum wachsen und sich immer mehr verfestigen. Gerade im unteren Bereich der Verteilung wird eine starke Verfestigung deutlich. Soziale Mobilität ist dort eher durch Abstiege als durch Aufstiege gekennzeichnet.
Der Entwurf zeigt auf, wie dramatisch sich die Situation gerade für Arbeitslose verschärft hat.
Mit den sogenannten Hartz-Reformen ist die Absicherung des sozialen Risikos Erwerbslosigkeit zu einem erheblichen Teil in ein Grundsicherungssystem in Anlehnung an die frühere Sozialhilfe übertragen worden. Hartz IV und nicht die Arbeitslosenversicherung ist seitdem das vorherrschende Sicherungssystem bei Arbeitslosigkeit. Der Hartz IV Bedarf liegt für eine erwachsene Person bei etwas unter 800 Euro. Damit wird die statistische Armuts-Risikoschwelle (mindestens 1.074 Euro nach dem Mikrozensus für 2019) deutlich unterschritten. Die Entwicklung der Entsicherung von Arbeitslosen dokumentiert der Bericht klar, wenn er die Verteilung der Arbeitslosen auf die verschiedenen sozialen Lagen im Zeitverlauf betrachtet: 1995 war ein Drittel der Arbeitslosen noch der sozialen Lage „Mitte” zuzuordnen und lediglich 15 Prozent in diesem Sinne arm. Diese Verteilung hat sich bis 2015 dramatisch verschoben: 2015 waren zwei Drittel aller Arbeitslosen der sozialen Lage „Armut“ zuzuordnen und nur noch weniger als zehn Prozent der „Mitte“.
Erwerbslose stoßen auf ein soziales Sicherungssystem, das bereits vor Corona nicht vor Armut schützte und dessen Schwächen nun noch deutlicher zutage treten.
Dass die Corona-Pandemie die Ungleichheit noch verschärft, belegt die Untersuchung selbst anhand aktueller Daten
Angesichts dieser Ergebnisse fordert der Sprecherkreis eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung auf mindestens 600 Euro, die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie Reformen von Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Wir bekräftigen zudem die Forderung nach einer monatlichen Zusatzzahlung für die Dauer der Pandemie von 100 Euro für alle Menschen, die existenzsichernde Leistungen beziehen.
Die Parteien und ihre Kandidatinnen und Kandidaten die sich zur Wahl stellen müssen jetzt im Wahlkampf sagen, wie sie mit dem Anstieg von Armut und der verfestigten sozialen Ungleichheit umgehen wollen!"