Islamische Gemeinde Röhlinghausen nahm am Kongress in Dortmund teil
Tages gegen antimuslimischen Rassismus
Anlässlich des Tages gegen antimuslimischen Rassismus fand am Freitag (1.7.2022) der Kongress zum „Tag gegen antimuslimischen Rassismus“ im Dietrich-Keuning Haus in Dortmund statt. Die islamische Gemeinde Röhlinghausen besuchte den Kongress mit sieben Teilnehmenden. Erstmalig wurde an in diesem Jahr der „Marwa El-Sherbini Preis“ verliehen. Er ging an Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen a.D..
Der Tag gegen antimuslimischen Rassismus wurde 2015 aus einem traurigen Anlass ins Leben gerufen: Am 1. Juli 2009 wurden Marwa El-Sherbini und ihr ungeborenes Kind im Landgericht Dresden von einem Rechtsextremisten aus islamfeindlichen Gründen ermordet. Als der Ehemann ihr zur Hilfe eilen wollte, wurde dieser von der Polizei als Täter verdächtigt und angeschossen. Dass antimuslimischer Rassismus keine Erfindung der Muslimen sei, die sich mit „nichts zufriedengeben“ und sich nur als „Opfer“ darstellen, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, konnten die Teilnehmenden hautnah erleben. Angehörige von Opfern, unter anderem Gamze Kubaşık (verlor ihren Vater durch einen Mord des NSU) und Serpil Unvar (Mutter von Ferhat Unvar, welcher in Hanau getötet wurde), berichteten über ihre Erfahrungen mit antimuslimischem Rassismus. Sie erzählten auch, wie die Gesellschaft, die Politik und die mediale Berichterstattung mit ihrem Leid umgegangen sind.
„Selten habe ich bei einer Tagung so viele Emotionen erlebt“, berichtet Havle Nazik von der islamischen Gemeinde in Röhlinghausen. „Nicht nur die Erzählungen der Angehörigen, sondern auch der Umgang mit eben diesen Menschen, war und ist zutiefst verletzend. Die Relativierung der rassistischen Taten, wenn die Opfer Muslim:innen sind, macht mich fassungslos. Bei einem Anschlag werden/wurden muslimisch gelesene Menschen zuerst als Täter:innen identifiziert. Wie bei den NSU-Morden, dauerte es ein Jahrzehnt, bis die tatsächlichen Täter:innen ermittelt wurden.“
Zu den wichtigsten Merkmalen des antimuslimischen Rassismus gehört laut dem Diplom-Sozialpädagogen, Ataman Yildirim folgendes: „Noch schmerzlicher ist es, dass die Thematik antimuslimischer Rassismus in einigen Bereichen unterschätzt wird und Opfer/Angehörige von rassistischen Vorfällen, wie im Fall Marwa Ali El-Sherbini, NSU, Hanau uvm. zuerst als Täter*innen gelesen werden oder Gegen-Beispiele konstruiert werden, um antimuslimischen Rassismus zu relativieren.
Weiter führt er aus: „Wie pauschalisierte Wort-Akrobatiken „Ja, aber die Muslime, wir sollten daran denken, uns erinnern dass…, Muslime auch gewalttätig sind….“, um Rassismus dadurch (-Auflistung von Negativ Markierungen von Muslimen) auszuhebeln, damit dadurch Auflistungen von „Gegen“-Beispielen, Straftaten, rechtsradikale Anschläge nicht „so schlimm“ wirken.“ Yildirim wurde von Bundespräsident Frank-Walter-Steinmar für seine Integrationsarbeit mit Vätern ausgezeichnet.
Dass muslimisches Leben divers und vielfältig sei, anders als es in der Gesellschaft wahrgenommen wird, zeige sich anhand der Teilnehmenden der Podiumsdiskussionen. Der Islam sei sunnitisch, alevitisch, kurdisch, türkisch, deutsch, Sinti:zze und Rom:nja und trans und lasse sich nicht in eine Schublade stecken.
„Tot sind wir erst, wenn wir vergessen werden“, sagt Sepil Unvar, Mutter des Hanau-Opfers Ferhat Unvar und fügt eine Feststellung hinzu: „Ich bin Kurdin, aber meine Heimat ist Deutschland. Ob die es akzeptieren oder nicht.“
Viel Kraft konnten die beiden Opferangehörigen Gamze Kubaşık und Serpil Unvar mit folgenden Worten den Teilnehmenden und Betroffenen von antimuslimischem Rassismus spenden: „Liebe ist stärker als Hass. Lasst uns lieben und nicht hassen.“
