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Viele Menschen sind auf die Unterstützung der Amiris angewiesen.

Verein 'Amiri' gegründet, um das Leid der Afghanen zu mindern

Die Menschen in Afghanistan nicht vergessen

Schlechte medizinische Versorgung, Frauenrechte, die mit Füßen getreten werden, Kinder, die ihrer Kindheit beraubt werden - all das ist nach der Machtergreifung der Taliban im August 2021 in Afghanistan Realität. Die Lage für zahlreiche Menschen, insbesondere für Kinder, war auch schon vor der Machtübernahme prekär, erzählen Marwa und ihr Bruder Dr. Mohammad Hamid Amiri im März 2022 im Gespräch mit halloherne. Die Geschwister haben die Hilfsorganisation 'Amiri e.V.' gegründet. Doch im Anschluss habe sich die Lage weiterhin verschlechtert.

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Initialzündung zur Vereinsgründung kam durch Kabul-Reise

Die Initialzündung zur Vereinsgründung kam durch eine Kabul-Reise von Marwa Amiri im Jahr 2018. „Wir sahen sehr viel Armut, Hunger und eine schlechte medizinische Versorgung der Menschen. Vor allem das Leid der Kinder hat mich nicht mehr losgelassen", berichtet Marwa Amiri im Gespräch mit halloherne. „Als ich wieder zu Hause war, habe ich mich mit meinem Bruder beraten, der schon länger privat Familien in Afghanistan finanziell unterstützt. Wir kamen zu dem Entschluss, dass wir den Menschen dort helfen wollen und so auf die Idee, einen Verein zu gründen."

Offiziell beantragt haben die beiden den Verein im Jahr 2020. Im Februar 2021 konnten sie dann mit ihrer Arbeit beginnen. „Uns ist es sehr wichtig, dass die Spenden genau da ankommen, wo sie gebraucht werden", so die Studentin der Sozialwissenschaften. Mittlerweile gebe es jeweils in Herne und Afghanistan 20 ehrenamtliche Helfer. Die Arbeit vor Ort leitet Marwa Amiris Cousin.

Rückschritt für die Frauenreche

Marwa und Dr. Mohammad Hamid Amiri wollen den Menschen in Afghanistan helfen.

Seitdem die Taliban wieder die Macht übernommen haben, habe sich die Lage insbesondere von Frauen, Kindern und chronisch-kranken Menschen laut den Amiris dramatisch verschlechtert. „Es ist als, würde es zurück ins Mittelalter gehen. Es ist ein großer Rückschritt für die Frauenrechte. Frauen dürfen ohne männliche Begleitung nicht mehr das Haus verlassen, sie dürfen nicht arbeiten und Mädchen nur noch bis zur 6. Klasse die Schule besuchen", so Marwa Amiri.

Besonders für verwitwete Frauen sei die Situation dramatisch. „Wie sollen diese Frauen ihre Familien ernähren, wenn sie ohne einen Mann das Haus nicht verlassen dürfen? Viele Frauen müssen sehr drastische Entscheidungen treffen. Es gibt sogar Frauen, die eines ihrer Kinder verkaufen, um die anderen am Leben zu erhalten können. Wie schlimm muss es einer Mutter gehen, wenn sie solch eine Entscheidung treffen muss?", fragt die Sozialwissenschaften-Studentin.

Viele Familien von Armut betroffen

Laut Aussagen der Amiris verkaufen einige Menschen in Afghanistan sogar nicht lebenswichtige Organe wie beispielsweise eine Niere, um die Familie zu ernähren. „Die Armut der Menschen hat in den vergangenen Monaten noch weiter zugenommen", so Dr. Mohammad Hamid Amiri. „Ich erhalte verzweifelte Anrufe von Afghanen, die nicht wissen, wie sie überlebenswichtige Operationen von Angehörigen bezahlen sollen."

Mit den Lebensmitteln sollen die Familien unterstützt werden.

Auch die Situation der Kinder nehme die Geschwister ziemlich mit. „Sie können ihre Kindheit nicht richtig genießen. Sie können nicht spielen, sondern müssen ihre Familien finanziell unterstützen. Sie müssen beispielsweise Flaschen sammeln", sagt Marwa Amiri.

Ebenso erhalten die Amiris Nachrichten von Afghanen zum Angriffskrieg in der Ukraine. „Es ist gut und richtig, dass die geflüchteten Ukrainer Hilfe erhalten und alle Augen auf die Situation dort gerichtet sind. Aber die Lage in Afghanistan darf nicht in Vergessenheit geraten. Uns erreichen Nachrichten, worin uns Menschen fragen: 'Sind wir weniger wert als Ukrainer? Ist unser Schicksal weniger schlimm?' Das macht mich dann persönlich auch sehr traurig."

Regelmäßige Besuche

Um die Situation der Afghanen nicht aus dem Blick der Öffentlichkeit zu verlieren, engagieren sich die Amiris. Regelmäßig besucht ihr Cousin mit ehrenamtlichen Helfern bedürftige Familien in Afghanistan und verteilt Lebensmittel. Ferner gibt es immer große Verteilaktionen, bei denen von Armut betroffene Familien Hilfsgüter erhalten können. „Bei einer Verteilaktion haben wir für die Kinder auch ein kleines Fußballspiel organisiert. Die Freude der Kinder hat uns selbst ganz glücklich gemacht", so die junge Frau.

Hilfe für Menschen weltweit

In Zukunft würden die Amiris nicht nur gerne in Afghanistan helfen. „Unser Traum wäre es, andere vom Krieg betroffene Gebiete wie Syrien oder auch afrikanische Länder zu unterstützen", so Hamid Amiri.

Momentan jedoch konzentriere sich ihr Einsatz auf Afghanistan. „Wir möchten Projekte in Afghanistan anschieben. Vielleicht eine Schneiderei für Frauen und auch Mädchen unterstützen, dass sie wieder Bildung erfahren können", berichtet Marwa Amiri. „Und vor allem möchten wir dabei helfen, dass Kinder wieder Kinder sein können."

Dazu benötigt der Verein noch Unterstützung. Die Verantwortlichen sind über jede Spende dankbar. Momentan laufe noch eine Spendenaktion bis zum 1. Mai 2022, bei der Marwa Amiri sich ein Spendenziel von 5.000 Euro gesetzt hat. Wer den Verein unterstützen will, kann sich per E-Mail unter oder auf der Instagram-Seite für weitere Informationen melden.

„Wir sind über jede noch so kleine Spende dankbar. Ein kleiner Betrag für ein großes Ziel. Wir wünschen uns eine bessere Zukunft für die Menschen - insbesondere für die Kinder in Afghanistan", sagt Marwa Amiri abschließend.

Hier werden die Lebensmittel ausgeladen.
Donnerstag, 7. April 2022 | Autor: Julia Blesgen