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Wiederbelegungs-Sperre rechtswidrig

Die Betreiber zweier Altenpflegeheime in Köln und im Kreis Gütersloh haben sich erfolgreich gegen die Vollziehung sogenannter Wiederbelegungssperren zur Wehr gesetzt, welche die Stadt beziehungsweise der Kreis zur Durchsetzung einer Einzelzimmerquote von 80 Prozent angeordnet hatten. Mit Beschlüssen vom 1. April 2019 hat das Oberverwaltungsgericht den Beschwerden der Betreiber stattgegeben und die erstinstanzlichen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Köln und Minden geändert.

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Nach dem nordrhein-westfälischen Wohn- und Teilhabegesetz müssen bestehende Pflegeeinrichtungen bis zum 31. Juli 2018 einen Anteil der Einzelzimmer von mindestens 80 Prozent innerhalb eines Gebäudes oder eines räumlich verbundenen Gebäudekomplexes aufweisen. Der entsprechende Anteil in den hier betroffenen Einrichtungen lag Ende Juli/Anfang August 2018 bei rund 54 Prozent beziehungsweise 46 Prozent. Die Betreiber hatten allerdings bereits Schritte eingeleitet, um die Quote nach anstehenden Umbau- beziehungsweise Neubaumaßnahmen künftig zu erfüllen. Die Stadt Köln und der Kreis Gütersloh gaben den Betreibern auf, ab August 2018 in ihren Einrichtungen frei werdende Plätze solange nicht wieder zu belegen, bis eine Einzelzimmerquote von 80 Prozent Prozent erreicht sei. Sie beschränkten diese Sperre auf 10 und 8 Plätze und verwiesen auf einen bindenden Erlass des zuständigen Landesministeriums aus April 2018.

Zur Begründung seiner Entscheidungen hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt

Aufgrund der von der Stadt und dem Kreis angenommenen Bindung an die Vorgaben des ministeriellen Erlasses erwiesen sich die Wiederbelegungssperren als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. So habe das Ministerium etwa darauf abgestellt, dass die Betreiber von Pflegeeinrichtungen schon aufgrund der im Jahre 2008 eingeführten Rechtsvorschriften des Wohn- und Teilhabegesetzes und der zugehörigen Durchführungsverordnung „zwingend“ hätten erkennen können, dass die Erfüllung der Einzelzimmerquote ordnungsrechtlich ab 2018 gefordert sein werde.

Das sei unzutreffend. Mit der Verordnung sei lediglich für bestehende Einrichtungen der Eingliederungshilfe vorgegeben worden, dass diese bis zum 31. Juli 2018 eine Einzelzimmerquote von 80 Prozent zu erfüllen hätten. Die Vorschriften für Pflegeeinrichtungen hätten eine solche Quote seinerzeit lediglich bei Neubauten sowie bei Umbau oder Modernisierungsmaßnahmen gefordert. Erst durch das im Oktober 2014 in Kraft getretenen Gesetzesrecht seien die Betreiber bestehender Pflegeeinrichtungen ordnungsrechtlich dazu verpflichtet worden, einen 80 prozentigen Anteil von Einzelzimmern bis Ende Juli 2018 zu realisieren. Das zuvor geltende Recht habe insoweit lediglich einen drohenden Verlust von Leistungsansprüchen vorgesehen.

Zudem spreche viel dafür, dass die erst in 2014 in Gang gesetzte ordnungsrechtliche Umsetzungsfrist von knapp vier Jahren angesichts des finanziellen und organisatorischen Aufwands, der durch die Erfüllung der Einzelzimmerquote entstehe, und der damit einhergehenden Schwere des Eingriffs in die Rechte der betroffenen Einrichtungsbetreiber unverhältnismäßig kurz bemessen sei.

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Die Beschlüsse sind unanfechtbar. Aktenzeichen: 12 B 43/19 (I. Instanz: VG Köln 25 L 1862/18) 12 B 1435/18 (I. Instanz: VG Minden 6 L 985/18)

| Quelle: OVG NRW