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Teilzeitjob oder nur Zeitvertreib

Hauptberuflich arbeitet Sevim A. in einem Herner Krankenhaus. Nebenbei betreibt sie noch einen Kiosk im Herner Süden an der Flottmannstraße. Der ist von morgens sechs bis spätabends gegen 23 Uhr geöffnet, wobei sich mehrere Teilzeitkräfte und der Ehemann von Sevim A. die Arbeit teilen. Die nach Mindestlohn bezahlten Teilzeitkräfte haben Verträge über 15 Wochenstunden und bekommen dafür 135 Euro. So steht es jedenfalls auf dem Papier einer Klageerwiderung von Rechtsanwalt Hendricks, der jetzt die Kiosk-Gechäftsführerin zum zweitenmal vor dem Arbeitsgericht vertrat.

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Dort klagte Yvonne S. mit Rechtsanwalt Mecking auf Bezahlung von vielen Überstunden, die sie vor allem morgens zwischen sechs und nachmittags 14 Uhr geleistet hätte. Danach sei sie meistens abgelöst worden, wobei die Ablösung „genau soviel Stunden bis 23 Uhr gekloppt hat wie ich,“ so die Klägerin jetzt vor der Kammer von Richter Nierhoff.

Der Teilzeitjob war in die Brüche gegangen, weil die Mitarbeiterin angeblich in die Kasse griff und auch sonst für „Schaden aus unerlaubten Handlungen“ gesorgt habe. Und für die behaupteten Überstunden hatte die Kiosk-Chefin eine wenn auch merkwürdige Erklärung. „Sie war so oft da, weil sie dort ihre sozialen Kontakte pflegte. Das mit Leuten aus der Nachbarschaft, die oft den ganzen Tag da rumstanden.“ Selbst bei Ablösung durch ihren Mann „ist sie trotz Aufforderung nicht gegangen,“ so die Chefin weiter. Die Klägerin, die dem Gerichts ihre geltend gemachten Überstunden vorgelegt hatte, entgegnete, dass sie den Ehemann zwar ab und zu mal gesehen habe, der Mann aber nach kurzer Zeit stets wieder weg gewesen sei.

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Im Gütetermin im Herbst hatten sich die Parteien darauf geeinigt, es mit einer Zahlung von 600 Euro brutto auf die wesentlich höhere Klageforderung gut sein zu lassen. Doch diesen Vergleich hatte die Kiosk-Chefin widerrufen. Da die Arbeitgeberseite die Überstunden nicht „erheblich bestreiten“ konnte, wie es Richter Nierhoff formulierte und bei einzeln abgefragten Daten nur mit Vermutungen antwortete, riet die Kammer dringend, den widerrufenen Vergleich, „der ein erhebliches Nachgeben der Klägerin ist,“ verbindlich abzuschließen. Anwalt Hendricks willigte nach Rücksprache mit dem auf dem Flur wartenden Ehemann der Kiosk-Chefin „schweren Herzens“ ein. (AZ 5 Ca 1585/17)

| Autor: Helge Kondring