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Gebet.

Ramadan 2018

Seit Mittwoch (16.5.2018) fasten gläubige Muslime weltweit. Donnerstagabend, 14. Juni 2018, endet der Fastenmonat Ramadan. Das tägliche Fasten wird nur zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang gebrochen. Konkret: tagsüber essen und trinken sie nichts. Auch Sex ist tabu. Das Fasten gehört zu den sogenannten fünf Säulen des Islam, also zu den Hauptpflichten, die ein Muslim als Gottesdienst durchführt. Die anderen Säulen sind das Bezeugen der Einheit Gottes und der Prophetenschaft Muhammads, das täglich fünfmalige Gebet, die Pilgerfahrt nach Mekka und das Entrichten der Almosensteuer Zakat. Der Ramadan ist der neunte Monat im islamischen Mondkalender. Wenn die Mondsichel nach Neumond erstmals sichtbar ist, beginnt und endet der Ramadan. Er verschiebt sich jährlich zehn oder elf Tage nach hinten und durchschreitet so alle Jahreszeiten. Muslime werden deshalb im Laufe ihres Lebens Fastentage sowohl im Winter, mit kürzeren Tagen, als auch im Sommer, mit längeren Tagen, erleben.

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Schuhe draußen anziehen.

Die halloherne-Mitarbeiter Heike Ratsch und Stefan Kuhn haben sich auf den Weg gemacht und die Islamische Gemeinschaft Herne-Röhlinghausen besucht, um zu erfahren, wie Muslime in unserer Stadt den Ramadan und das abendliche Fastenbrechen begehen. In der Moschee an der Rheinischen Straße in Röhlinghausen treffen wir uns mit Tuncay Nazik und weiteren Gemeindemitgliedern. Am Eingang des Gebetsraums ziehen wir zunächst die Schuhe aus, stellen sie ins Regal und setzen uns in lockerer Runde mit unseren Gastgebern auf den Boden. Sie erläutern uns die Grundzüge des Ramadan und schildern uns ihren Alltag. Nazik schätzt, dass im Ruhrgebiet rund 20 Prozent der Muslime am Fasten teilnehmen. In den letzten Jahren habe die Zahl derjenigen, die bereit seien zu fasten, kontinuierlich abgenommen. Es freue ihn, dass bei sinkender Anzahl der Fastenden, die Qualität und Ernsthaftigkeit zugenommen habe. „Uns verbindet die Hoffnung“, so Tuncay Nazik, „am Abend wieder etwas zu Essen.“ Bis dahin stehe der Durchhaltewillen und die spirituelle Nähe zu Gott im Vordergrund.

In der Moschee.

Und wer kontrolliert, die Einhaltung des Ramadans? Es sind immerhin mehr als siebzehn Stunden, in denen nicht mal ein Schluck Wasser getrunken werden darf. „Zwischen Gott und dem Menschen gibt es keine Kontrollinstanz“, sagt er. „Wer da schummelt, betrügt sich selbst.“ Auch seine Ehefrau und die beiden älteren Töchter machen mit. Generell gelten aber Ausnahmen für Kinder, Jugendliche vor der Pubertät, Schwangere, Kranke und Reisende. Besonders in dieser Jahreszeit sei ihnen das ohnehin schon körperlich anstrengende Fasten nicht zuzumuten, wie er betont. Wer an einzelnen Tagen verhindert ist, der müsse die Zeit nachfasten. Oder pro Tag 10 Euro zahlen. Die Mädchen der islamischen Gemeinde sind stolz, am Ramadan teilzunehmen. Wer diese Zeit durchhalte, beweise auch im Alltag Disziplin und Willensstärke. Sie haben die gelebte Religiösität in ihren Familien erfahren, wenngleich auch viele ihrer Mitschüler nicht daran teilnehmen.

Tuncay Nazik (r.) mit Frauen aus der Gemeinde.

Mit dem Thema Kopftuch gehen seine beiden Töchter und ihre Freundinnen im übrigen sehr gelassen und selbstbewusst um. Für sie ist es integraler Bestandteils ihres Glaubens und alles andere als ein Symbol weiblicher Unterdrückung. Sie legen großen Wert darauf es zu tragen und fühlen sich im Alltag nicht eingeschränkt. Ganz im Gegenteil: „Wir fühlen uns durch das Kopftuch beschützt. - Beschützt wie ein Perle in der Muschel“. Gerade jetzt im Sommer sei es zudem ein Schutz vor der Sonne.

Datteln zum Fastenbrechen.

Für den folgenden Abend hat uns Familie Nazik zum Fastenbrechen in ihre Wohnung nach Bochum eingeladen. Es sind auch befreundete Syrer gekommen, die nach Deutschland geflüchtet sind. Als gläubige Muslime haben sie sich der islamischen Gemeinde Röhlinghausen angeschlossen. Wir nehmen gemeinsam im Wohnzimmer Platz und lernen uns gegenseitig kennen. Mit den kleinen Kindern der Familien, die vor lauter Aufregung nicht ins Bett wollen, geht es recht wuselig zu. Pünktlich um 21.27 Uhr werden zum rituellen Fastenbrechen trockene Datteln und Wasser gereicht. Vor dem Essen wird kniend auf dem Boden gebetet. Während sich die Männer im Wohnzimmer zwischen Bücherwand und Esstisch versammeln, beten Frauen und Kinder nebenan im Flur. Eben dort, wo jeder gerade Platz findet, mit Blickrichtung Osten -nach Mekka.

Festmahl im Hause Nazik.

Anschließend geht es zum Abendessen an den Tisch, der diesmal besonders reich gedeckt ist. Verführerische Düfte der türkischen Küche liegen in der Luft. Tuncay Nazik: „Wir feiern heute das Fastenbrechen gemeinsam mit Freunden. Das ist dann schon ein Festessen.“ Lächelnd fügt er hinzu: „Tagsüber fühlen wir uns arm und hungrig, nach dem Essen fühlen wir uns wie eine Schwangere.“ Viel Zeit bleibt nicht mit den einzelnen Gängen des Essens, denn bereits um 22:51 Uhr beginnt in der Moschee das Nachtgebet. Nachdem die Nachspeise verzehrt ist, brechen alle dorthin auf. Im kleinen Hauptraum der Moschee haben sich - wie an jedem Abend - im Ramadan zahlreiche männliche Muslime zum Gebet versammelt. Jetzt ist Disziplin gefragt, denn es dauert rund 40 Minuten: Stehen, Hocken, auf dem Boden niederknien.

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Tuncay Nazik.

Nachdem Imam Ibrahim Nazik, der Bruder von Tuncay, bereits längst mit dem Nachtgebet begonnen hat, trudeln immer noch Gemeindemitglieder ein und schließen sich den Betenden an. Während die Frauen getrennt von den Männern in einem anderen Raum beten, spielen die kleineren Kinder miteinander. Das Gebet des Imams wird per Lautsprecher dorthin übertragen. Der neue Tag ist nicht mehr weit, als sich die Gläubigen von einander verabschieden und sich auf den Heimweg machen. Denn es sind nur noch wenige Stunden bis mit Sonnenaufgang ein neuer Fastentag beginnt. Mit den Feierlichkeiten des Zuckerfestes endet in dieser Woche der Fastenmonat Ramadan. Mit ihm danken die Gläubigen Allah, dass dass sie das Fasten und alle damit verbundenen Aufgaben und Anstrengungen geschafft und überstanden haben. Das Fest des Fastenbrechens gehört zu den wichtigsten Festen im Jahr. An diesem Tag soll es allen gut gehen und jeder soll mitfeiern.

Bohnensuppe Türkischer Art.
| Autor: Stefan Kuhn