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Rätsel um Babynahrung im Geldkoffer bleibt ungelöst

Die Herner Sparkasse steht nach der fristlosen Kündigung einer fast 25 Jahre beschäftigten Mitarbeiterin wegen des Verdachts 115.000 Euro aus einem von ihr tags zuvor georderten Geldkoffers der Bundesbank gegen Babynahrung und Waschmittel umgetauscht zu haben, seit Montag (14.8.2017) vor einem personellen Problem. Nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 4. Oktober 2016, "dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin weder durch die fristlose noch durch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31.Dezember 2016 beendet wurde" (halloherne berichtete), hat das von der Sparkasse angerufene Landesarbeitsgericht Hamm am Montag (14.8.2017) die Berufung der Sparkasse gegen das Herner Urteil abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

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Am 27. Mai 2015 hatte die dazu bevollmächtigte Frau die 115.000 Euro in 50-Euro-Scheinen bei der Bundesbank geordert, wo das Geld vor laufender Kamera in ein anschließend verplombtes Geldpaket gepackt und mit einem ständig überwachten Geldtransporter nach Herne gebracht wurde. Die Mitarbeiterin nahm das Paket um 9.40 Uhr entgegen, öffnete es aber erst etwa 20 Minuten später, weil sie in der kleinen Filiale mit Buchungen für einen Kunden beschäftigt war. Danach öffnete sie die Geldsendung und fand statt Bargeld Babynahrung und Waschmittel von exakt gleichem Gewicht wie die Geldscheine, wie sich später herausstellte. Dabei hatte die Frau gegen das sogenannte "Vieraugenprinzip" verstoßen, solche Geldpakete nur mit einem Kollegen zusammen zu öffnen. Den holte sie dann zwar dazu und befolgte auch dessen Rat, sofort die Polizei einzuschalten, geriet aber im Lauf der internen Ermittlungen später selbst in Tatverdacht.

Dafür sprachen, so die Sparkasse mit ihrem Personalchef Frank Hofmann und Rechtsanwältin Hansen in beiden Instanzen, die finanziell schlechte Situation der Mitarbeiterin mit einem "bis zum Anschlag" von 15.000 Euro überzogenen Konto und einem Ehemann mit schon längerer Arbeitsunfähigkeit. Zwei Hausdurchsuchungen förderten 2.200 Euro Bargeld zu Tage. Dazu allerdings in einem Bankschließfach drei Umschläge mit der Aufschrift "Mama", dem Namen einer Tochter und dem eigenen Vornamen mit insgesamt 40.000 Euro. Dieses Schließfach war nach hausinternen Ermittlungen nach einem Jahr erstmalig einen Tag vor Ankunft des Geldpakets und dann wieder einen Tag danach geöffnet worden. Doch dieses Geld stammte nach Ermittlungen des Landeskriminalamts nicht aus dem Geld der Bundesbank.

Die Sparkasse bekam erst im März 2016 Einblick in die Akten der bis heute nicht abgeschlossenen Ermittlungen und sprach die sogenannte "Verdachtskündigung" aus. Doch schon das Herner Arbeitsgericht gab der Arbeitgeberseite zu bedenken, dass der bis dahin bekannte Geschehensablauf die Hürde einer Verdachtskündigung noch nicht nehmen könne. Immerhin hatte die Staatsanwaltschaft auch ein Jahr nach dem mysteriösen Geschehen noch keine Strafanzeige erstattet. Dass es für die Sparkasse nach eigener Aussage "nur schwer vorstellbar gewesen sei, wie das Geld sonst weggekommen sein könnte," reiche nicht aus, um die Täterschaft der Mitarbeiterin sehr, sehr nahe liegen zu lassen" so das Herner Gericht. Und auch die zweite Instanz unter Vorsitz von Richterin Held-Wesendahl ("Wir prüfen nur, ob es zwingende Günde für eine Verdachtskündigung gibt, für alles andere ist das Strafgericht zuständig") fand in der Verhandlung am 8. Juni nach Vernehmung von Zeugen Widersprüche und kritisierte auch den "laxen Umgang" bei der Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips.

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Die Klägerin und ihr Anwalt Duits, die schon in Herne eine Vergleichslösung abgelehnt hatten, beharrten auch in Hamm auf einer Entscheidung. Auch noch nach der Frage der Vorsitzenden, wie sich die Klägerin "realistisch eine Weiterbeschäftigung vorstellt und was die Sparkasse Ihnen für eine Beschäftigung anbieten soll." Jetzt hat die Sparkasse das Problem, wie sie in Zukunft mit der juristisch erfolgreichen Mitarbeiterin umgehen soll. Die Frau hatte bereits am 8. Juni für den Erfolgsfall angekündigt, "zu versuchen, mit den Kollegen ins Reine zu kommen." Deshalb sei sie auch in einer Psychotherapie. (AZ 17 Sa 1540/16)

| Autor: Helge Kondring