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Corona-Bestuhlung im Prinz-Regent-Theater.

Spielbetrieb coronagemäß wieder im Herbst

PRT Bochum schließt vorzeitig

Zwar hat das Land NRW einen Spielbetrieb für bis zu 100 Zuschauer ab dem 30. Mai 2020 grundsätzlich in Aussicht gestellt. Doch schon vor einigen Wochen wäre es nach Meinung des Prinz-Regent-Theaters (PRT)-Leitungsduos Anne Rockenfeller und Hans Dreher deutlich zu spät gewesen, einen corona-kompatiblen Juni-Spielplan 2020 zu konzipieren, zu bewerben und logistisch zu ermöglichen. Die Auflagen für einen Spielbetrieb wurden sehr kurzfristig konkretisiert.

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Die Entscheidung gegen einen Spielbetrieb im Juni 2020 fällt Rockenfeller und Dreher dennoch alles andere als leicht. Nach langen Gesprächen mit dem Vorstand, den beteiligten Behörden und auch den Mitarbeitern und Künstlern, die den Theaterbetrieb mit ihnen vor Ort ermöglichen, ist für sie die Entscheidung praktisch unumgänglich.

v.l. Anne Rockenfeller, Hans Dreher .

„Die Coronaschutzverordnung des Landes NRW fordert einen Mindestabstand zwischen den Sitzplätzen von 1,5 Metern. So könnten wir – je nach Hausstand des Publikums – vor 12 maximal 18 Zuschauern spielen,“ berichtet Geschäftsführerin Anne Rockenfeller. „Dass das aus wirtschaftlicher Sicht zu wenig wäre, versteht sich, denke ich, von selbst. Außerdem muss zwischen Darstellendem und Publikum ein Abstand von mindestens vier Meter bestehen. Wir haben kein einziges Repertoirestück, das alle Erfordernisse dieser speziellen Abstandsregeln erfüllt. Deswegen müssen wir die Produktionen entsprechend anpassen und uminszenieren.“

Die letzten Wochen im PRT-Home-Office standen nahezu ausschließlich im Zeichen der Erstellung eines Hygiene- und Schutzkonzepts für den Theateralltag. „Hier haben wir uns akribisch an die Vorgaben gehalten und mussten neben unseren Betriebsarzt auch eine Fachkraft für Arbeitssicherheit einbeziehen, diese Konzepte mit uns zu entwerfen,“ so Rockenfeller. Darin sind alle Einzelheiten des Theaterbetriebs unter Einhaltung aller Corona-Schutzvorkehrungen beschrieben. „Man bekommt bei den Auflagen für Proben einen Vorgeschmack auf das, was es bedeuten wird, unter Corona-Bedingungen zu inszenieren,“ sagt der künstlerische Leiter Hans Dreher.

Sechs Meter Abstand nach vorne

„Bei exzessivem Sprechen oder Singen zum Beispiel muss ein Abstand von sechs Metern nach vorne eingehalten werden. Jede Art von körperlicher Nähe im Spiel ist untersagt. Dass man zwangsläufig Magenschmerzen bekommt, ob man die Wirksamkeit einer Inszenierung durch solche Sicherheitsauflagen aufweicht oder abschwächt, ist dabei eine andauernde Sorge.“ Selbst eine Produktion wie DIE FRAU, DIE GEGEN TÜREN RANNTE, in der Kinga Prytula größtenteils auf Abstand zu Spielpartner Manuel Loos spielt, enthält dennoch mehrere Momente der körperlichen Nähe. „Gerade im sehr aufwühlenden Schlussbild spielen die beiden Wange an Wange, berühren sich.“ Einige Produktionen, zum Beispiel FAUST, werden erst in einer Zeit ohne Corona-Schutzauflagen wieder aufführbar sein.

Publikumsverkehr und Hygienekonzept

Wenn es auf Theaterseite soweit ist, dass wieder gespielt werden kann, muss der Publikumsverkehr gesondert geregelt werden: „Hier bedarf es ein eigenes Hygienekonzept“, so Rockenfeller. Darin muss vor allem die Abstandseinhaltung beim Publikum gewährleistet werden. „Jeder Aspekt des Theaterbesuchs muss dabei bedacht werden; auch, wenn zum Beispiel ein Zuschauer während einer Vorstellung auf Toilette möchte“. Bis dahin ist einiges auch baulich zu leisten: Es müssen Schutzscheiben an der Abendkasse angebracht werden, Desinfektionsstationen installiert werden und auch im Backstage-Bereich alles so umgebaut bzw. umgestellt werden, dass Abläufe auch hinter der Bühne unter Abstandseinhaltung funktionieren.

Planung für die nächst mögliche Spielzeit

Wie in den meisten Theatern muss auch im PRINZ REGENT THEATER die Planung für die nächste Spielzeit drastisch überarbeitet werden. Insgesamt drei Produktionen aus dieser Spielzeit konnten nicht verwirklicht werden; diese möchte das Theater-Team nächste Saison nachholen. Doch nicht alle lassen sich unter Einhaltung von Corona-Auflagen verwirklichen. „Eine Slapstick-Komödie ohne Körperkontakt ist buchstäblich witzlos,“ meint Dreher. Auch eine fürs Foyer geplante Produktion kann nicht unter aktiven Corona-Bedingungen stattfinden, da die dortigen Quadratmeter nicht ausreichen. Auch bei neuen Produktionen muss der Faktor „Corona“ stets bedacht werden. Dreher: „Wir müssen nach dem momentanen Stand planen, und das bedeutet, für neue Produktionen Stoffe zu suchen, die Corona-verträglich sind. Kleine Besetzungen, eine kürzere Spieldauer, Inszenierbarkeit ohne körperliche Nähe.“ Auch alternative Raumkonzepte, wie sie im PRT in Vergangenheit öfter umgesetzt wurden, müssen in diese Erwägungen mit einfließen. Bei derzeitiger Sachlage müsse alles dafür getan werden, die Zuschauerzahl zu erhöhen, indem man die Fläche, die dem Publikum zur Verfügung steht, vergrößert. „Also denken wir natürlich darüber nach, ob in einigen unserer neuen Produktionen das Publikum vielleicht auf der Spielfläche Platz nehmen kann und die Tribüne bespielt wird,“ sagt Dreher.

Überlegungen, den großen Parkplatz vor dem Theater zu bespielen, werden zudem mit dem Besitzer des Platzes diskutiert. „Auch dabei gibt es einige logistische Bedenken, vor allem müssen hier Anträge beim Bauordnungsamt gestellt werden.,“ erläutert Rockenfeller. Entsprechend sei ein solches Freiluft-Format auch erst frühestens nächste Spielzeit denkbar.

Online-Produktion

Als Trost kann das Prinz-Regent-Theater auf die Wiederaufnahme der Online-Produktion DIE HAUSHERREN hinweisen (am 5. Juni und 6. Juni jeweils um 19:30 Uhr). Die Premiere des Stücks des jungen Dramatikers Rafael Ossami Saidy, das beim Dramatikwettbewerb SPIEL.FREI.GABE mit dem ersten Platz ausgezeichnet wurde, konnte Ende April kurzfristig ins Internet verlegt werden. Die Resonanz war auf Publikums- und Presseseite sehr positiv.

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Dreher und Rockenfeller sind der Auffassung, dass ein Theaterbesuch in den kommenden Monaten ein anderer sein wird als zuvor. Kürzere Planungs- und Veröffentlichungsfristen, kürzere Stücke, die möglicherweise mehrmals am Tag gespielt werden können. „Es wird in nächster Zukunft voraussichtlich für alle – Besucher, Beteiligte und feste Mitarbeiter – anstrengender werden, ins Theater zu gehen. Bei aller Unsicherheit sind wir aber dennoch davon überzeugt, dass sich, auch unter Einhaltung der Corona-Auflagen, ein Besuch im PRT lohnen wird.“

| Quelle: Prinz Regent Theater