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Callie Hernandez und Andrew Garfield.

Neu im Kino: Under the Silver Lake

In Los Angeles geht das Grauen um. „Vorsicht vor dem Hundekiller“ warnen Plakate unter anderem in einem Café voller junger Leute. Und als Sam (Andrew Garfield) zurück zu seinem Apartment geht durch einen düsteren, dschungelartigen Park, fällt ihm ein bereits leidlich ausgeweidetes Nagetier vor die Füße – horrible! Wovon sich der junge Nichtstuer, der immer noch von seinen Eltern finanziert wird in der irrigen Annahme, er beende sein Studium mit einem ordentlichen Abschluss, aber nicht die Laune verderben lässt. Ebensowenig von der Nachricht des Hausverwalters, dass er seine vier Wände binnen weniger Tage räumen muss, wenn er seine Mietschulden nicht begleicht. Sam begibt sich sogleich mit dem Fernglas auf den Balkon, um zumeist blonden und jedenfalls kurvenreichen Schönheiten unter seinen Nachbarinnen (Riki Lindhome) optisch auf die Pelle zu rücken. Gibts 'mal nichts zu gucken, liest er im Comic Under the Silver Lake, dessen Autor offenbar hier aus der Stadt der Engel stammt. Dabei hat es der junge, extrem gut aussehende Sam gar nicht nötig, voyeuristisch auf das andere Geschlecht zu blicken. Regelmäßiger Hardcore-Sex mit einer Dirndl-Schönheit, die sich nach der Hunde-Nummer stets bei ihm mit Sushi-Rohkost bedankt, offenbaren den smarten Jungen als begehrten Lover.

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Und dann lädt ihn ein anderes Objekt seiner Begierde, das er schon geraume Zeit beim Baden im Pool zu Füßen seines Balkons beobachtet, ganz unverhofft persönlich zu sich ein: Der Date mit der geradezu umwerfend schönen Nachbarin Sarah (Elvis Presley-Enkelin Riley Keough im weißen MM-Bikini) endet freilich vorzeitig mit der Ankunft ihrer Mitbewohnerinnen. Sam kann sein Glück kaum fassen. Doch als er am nächsten Morgen mit frischen Brötchen bei Sarah auftaucht, ist sie samt Hündchen Coca Cola spurlos verschwunden – und die Wohnung gänzlich leergeräumt. Auf dem Weg zu seinem Apartment bemerkt er, wie eine Gruppe Jugendlicher, eigentlich noch halbe Kinder, einen Riesenpimmel in die Kühlerhaube seines Ford Mustang ritzen – was den Jungs ganz schlecht bekommt. Auf der Suche nach seinem Traum-Girl setzt Sam sich auf die Spur junger Schauspielerinnen, die nach kleineren Nebenrollen nun für die Callgirl-Hotline Shooting Star unterwegs sind, um ihren Hollywood-Traum weiter aufrecht erhalten zu können. Sie führen ihn nach einer Schnitzeljagd quer durch L.A. zu einer abgefahrenen, poppig-bunten Party auf dem Dach eines Hotels, wo Sam die Bekanntschaft eines skurrilen Ballon-Girls (Grace Van Patten) macht. Sam sucht anderntags den Comicautor (Topher Grace) auf. Der Verschwörungstheoretiker, der überall geheime Hobo-Zeichen sieht, mit denen sich einst die Wanderarbeiter der 1930er Jahre verständigten, ermuntert ihn, einer 20 Jahre alten Schatzkarte zu folgen, die von einer Cornflakespackung stammt. Mit der aparten Millicent Sevence (Callie Hernandez) begibt sich Sam schließlich zu einer Gruftie-Party auf einen Friedhof samt Performance im Urnenhain: Sex, Drugs & Rock'n Roll, leicht nostalgisch angehaucht von der Hippie- und Flower-Power-Bewegung der 1968er Zeiten.

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Nachdem er mit It Follows das Horror-Genre mächtig aufwirbelte, trotzt David Robert Mitchell in seinem dritten Spielfilm Under the Silver Lake, der am Donnerstag (6.12.2018) bundesweit gestartet ist und in Bochum im Capitol sowie im Union läuft, abermals allen Konventionen und schickt mit Andrew Garfield einen sympathischen großen Jungen, der einfach nicht erwachsen werden will, in ein so irrwitziges wie sinnfreies Abenteuer durch den Großstadtdschungel. Sein Sam gehört einer Generation an, die ohne Geheimnisse auskommen muss – und daher ganz auf Fantasy abfährt, sich ständig in neue phantastische Welten flüchtet. Ein materiell sattes Leben ohne körperliche und geistige Herausforderungen aber ist ein verlorenes, zielloses. Das zeigt dieser mit zwei Stunden und zwanzig Minuten entschieden zu lange Film auf sehr spekulative Weise: Die konstruierte Handlung, die wie heute im US-Kommerzkino üblich nicht vor extremen Gewalt- und Ekelszenen zurückschreckt, ist an den Haaren herbeigezogen. Allein zahllose Anspielungen auf filmische Vorbilder des Regisseurs wie Alfred Hitchcock, David Lynch, Billy Wilder und Roman Polanski mögen Cineasten zufriedenstellen. Unter dem Label Mystery-Thriller lief Under The Silver Lake im Wettbewerb der Int. Filmfestspiele 2018 in Cannes – unfassbar!

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  • Freitag, 7. Dezember 2018, um 20 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann