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Kohledeputat für Bergleute

Am Donnerstag (9. 11. 2017) verhandelte die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm über die ersten Berufungsverfahren rund um den Anspruch von Beschäftigten der RAG Aktiengesellschaft und sonstigen Anspruchsberechtigten (z. B. Rentenempfängern und Hinterbliebenen) auf die weitere Lieferung sogenannter Hausbrandkohle. Die drei erstinstanzlich unterlegenen Kläger nahmen bei dem Termin ihre Rechtsmittel nach ausführlicher Erörterung der Erfolgsaussichten überraschend zurück. Im vorausgehenden Rechtsgespräch hatte sich die Kammer in den entscheidenden Rechtsfragen deutlich positioniert und zu erkennen gegeben, dass sie sich der Auffassung der Arbeitsgerichte Herne und Rheine anzuschließen gedenkt. Diese hatten die Klagen abgewiesen.

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Zum Hintergrund: Durch Änderungstarifvertrag aus dem Jahr 2015 war der Wegfall des Anspruchs auf Hausbrandkohle als Sachbezug ab dem Jahr 2019 vereinbart worden. Der Tarifvertrag sieht zum Ausgleich dessen Umwandlung in eine Geldleistung (Energiebeihilfe) und die Möglichkeit der Ablösung dieser Energiebeihilfe durch die Zahlung einer einmaligen Abfindung vor. Die rechtliche Zulässigkeit dieser Tarifänderung wurde von den drei Klägern angezweifelt. Sie beanspruchten in erster Linie die weitere Lieferung der Hausbrandkohle.

Jedenfalls sei eine höhere Einmalzahlung zur Abfindung der Ansprüche zu leisten. Die tarifvertraglich vorgesehene Abfindungsleistungstelle - bezogen auf den Marktpreis der Kohle - keinen wertgerechten Ausgleich dar. Der Tarifvertrag greife danach unzulässig in geschützte Anwartschaften und Rechte aus betrieblicher Altersversorgung ein. Im Rahmen der Berufungsverhandlung machte die Kammer deutlich, dass den Tarifvertragsparteien bei der Gestaltung von tariflichen Ansprüchen auch im Kontext betrieblicher Altersversorgung ein breiter, gerichtlich nicht überprüfbarer Gestaltungsraum eröffnet sei. Dessen Grenzen bestimmten sich durch Gesichtspunkte der Verhältnismäßigkeit, des Vertrauensschutzes und allgemein durch höherrangiges Recht. Allein die Einhaltung dieser Grenzen unterliege der gerichtlichen Kontrolle.

Unter Berücksichtigung den Tarifverträgen immanenter und insoweit sogar ausdrücklich aufgenommener Änderungsvorbehalte, der Einstellung der eigenen Kohleförderung als Sachgrund und der im Tarifvertrag vereinbarten finanziellen Ausgleichsleistungen sei eine Überschreitung dieser Grenzen nicht zu erkennen. Deshalb sei nach Auffassung der Kammer von der Wirksamkeit der fraglichen Bestimmungen des Änderungstarifvertrags auszugehen. Mit den heutigen Berufungsrücknahmen sind zunächst ausschließlich die drei angefochtenen Urteile der Arbeitsgerichte Herne und Rheine rechtskräftig geworden. Über den Fort- und Ausgang der derzeit anhängigen rund 400 weiteren Berufungsverfahren rund um das Kohledeputat ist damit - von der Äußerung der Rechtsauffassung der streitbefassten Kammer abgesehen - nichts ausgesagt oder vorweggenommen. Mit der Anberaumung weiterer Termine ist demnächst zu rechnen (LAG Hamm, Aktenzeichen 9 Sa 413/17, 9 Sa

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452/17 und 9 Sa 681/17).

| Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm