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Kinofilm Sweet Disaster: Das Leben ist auch für Frida (Friederike Kempter) eine Baustelle.

Herzerwärmende Sommerkomödie

Kinofilm: 'Sweet Disaster'

Frida Pepponen (Friederike Kempter) kommt gerade vom Heimaturlaub in Finnland zurück nach Berlin. Sie arbeitet zusammen mit Kollege Jannick (David Vormweg) in einer integrativen Kindertagesstätte und hat angeblich ihre Eltern besucht. Sagt sie jedenfalls dem Piloten Felix Kreuzer (Florian Lukas), der nach Dienstschluss einsam in einer Bar des riesigen neuen Airports abhängt und partout nicht nach Hause will. „Meine Freundin hat mich verlassen“ offenbart er ihr beim dritten Glas Schampus: Kollegin Natalie Schmidt, mit der er acht Jahre zusammen war, geht für ein Cargo-Unternehmen nach Boston.

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Die beiden verstehen sich auf Anhieb bestens. Frida rät ihm, ein neues Kapitel in seinem Leben aufzuschlagen - mit hübschen Stewardessen, an denen hier ja kein Mangel herrsche. Um dann doch kurzentschlossen mit Felix ins Grüne auszubüxen – und bald mit ihm im siebten Himmel zu schweben. Schnitt. Nach sechs Monaten ist der Schwangerschaftstest positiv. Und der Vater angeblich unerreichbar in der Luft. Dabei hat Felix verschwiegen, längst wieder mit der aus den USA zurückgekehrten Natalie (Diana Ebert) zusammen zu leben.

Das Leben ist eine Baustelle. Die Krachmacher vom Bau draußen kann Frida zumindest vorübergehend mit einer Kiste Bier außer Gefecht setzen und den schon am frühen Morgen nervigen Kita-Schützling Jonny (Oliver Damrath) mit einer Stulle beruhigen, die ihm seine gestresste, da alleinerziehende und berufstätige Mutter Dora Werkshage (Katharina Behrens) ‘mal wieder nicht geschmiert hat. Doch die eigene Nervosität ob der ungewissen Zukunft lässt sich auch mit Fake-Telefonaten mit ihrem bereits vor Jahren gestorbenen Vater nicht besiegen.

Kinofilm Sweet Disaster: In Fridas Träumen stellt Felix (Florian Lukas) ihr einen Heiratsantrag.

Hinzu kommt, dass die Kita-Leiterin Daniela (Berit Künnecke) sie vor die Tür gesetzt hat, als Fridas Schwangerschaft nicht mehr zu verheimlichen war: Vertrauensbruch. Nur gut, dass die 15-jährige Schülerin Yolanda (Lena Urzendowsky) ihre Nachbarin ist: Das technikbegeisterte Mädchen, das in ihrem „Lab“ genannten Kinderzimmer Miniatur-Roboter als kleine Helfer im Haushalt entwickelt, hilft Frida mittels ihrer Drohnen, sich über Felix ein realistisches Bild zu machen. Ernüchterndes Fazit: Sie wird alleinerziehende Mutter bleiben, wenn nicht noch ein Wunder geschieht.

Das erste kommt schneller als erhofft in Person von fünf Seniorinnen, deren Männer „tot oder Zeitung holen gegangen“ sind: Margit (Friederike Frerichs), Elsa (Veronika Nowag-Jones), Lore (Elisabeth Clarke-Hasters), Berta (Chun Mei Tan) und Josephine (Priscilla Wittmann) treffen sich zum Kartenspiel auf der Orgelempore einer Kirche und adoptieren Frida und die liebeskranke Yolanda. Letztere hat sich heimlich für ein Stipendium an der Technical Highschool im kanadischen Vancouver beworben – und ist angenommen worden zum Entsetzen ihrer alleinerziehenden Mutter Anna Mersman (Mareile Blendl), die ihr Ein und Alles nicht über den Großen Teich ziehen lassen will.

Die Gynäkologin Anke Ries (das Ensemblemitglied des Schauspielhauses Bochum Gina Haller steht gerade als Kriemhild auf der Bühne der Wormser Nibelungen-Festspiele) hat die 40-jährige Frida vor den Risiken einer Erstgeburt in ihrem Alter gewarnt: Nierenversagen, Diabetes, Fehlbildungen beim Kind. Nach dauerhaft erhöhten Blutdruckwerten befürchtet sie eine für Mutter und ungeborenes Kind lebensbedrohliche Präeklampsie. Als Frida in der Lobby eines Hotels, in dem Felix und Natalie abgestiegen sind, zusammenbricht, wacht sie im Krankenhaus wieder auf. An ihrem Bett die muntere Seniorinnenriege - und Yolanda samt ihrer Mutter. Wunder über Wunder. Und schon kündigt sich ein weiteres an: Nach überstandener Geburt ruft Jack Johnson (Lasse Myhr), der stets gutgelaunte Kita-Busfahrer, bei der glücklichen Mutter an…

Die 1972 in Finnland geborene und heute in Düsseldorf lebende Regisseurin Laura Lehmus hatte auch die Idee zur wundervollen, geradezu beschwingten Sommerkomödie „Sweet Disaster“, da sie selbst mit Ende 30 frisch getrennt und unerwartet schwanger wurde. Ihr 93-minütiges Spielfilmdebüt nach einem Drehbuch von Ruth Toma ist aus mehreren Gründen bemerkenswert: Kamerafrau Anne Bolick steuert nicht nur ungewöhnliche Perspektiven bei, sondern auch ungemein witzige szenische Umsetzungen der Gedanken und (Alp-) Träume Fridas. Für flotten Sound sorgt der finnische Rapper Miika Pesso.

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Nach der Uraufführung am 21. Januar 2021 beim 43. Filmfestival Max Ophüls Preis in Saarbrücken und mittlerweile rund sechzig weiteren Festival-Teilnahmen ist das Feel Good Movie am 11. August 2022 in die Kinos gekommen, bei uns zu sehen im Capitol Bochum, in der Galerie Cinema Essen und im Düsseldorfer Bambi, ab 1. September 2022 auch im Bochumer Kino Endstation und ab 15. September 2022 in Sweetsixteen Dortmund.

| Autor: Pitt Herrmann