halloherne.de

lokal, aktuell, online.
Xolani Mdluli, Miriam Berger, Peter S. Herff und Thomas Kaschel. in: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Gastspiel für alle ab Sechs in den Flottmannhallen

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Die Bühne im Gelsenkirchener Consol-Theater – ein Schlafsaal mit vier Betten (Ausstattung: Stefanie Stuhldreier). Dabei steht doch mit „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ der beinahe sechzig Jahre alte, ewig junge Kinderbuch-Klassiker Michael Endes auf dem Spielplan. Was angesichts des Premierentermins am 1. Advent 2019 nicht weiter verwundert: die Geschichte um die von König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte regierte winzige Insel Lummerland, ihre Stammeinwohner Frau Waas, Herrn Ärmel und besagten Lokführer Lukas, der sein Dampfross Emma aus Platzmangel immer im Kreis um den Hausberg fahren muss, gehört seit Generationen zur Vorweihnachtszeit wie Stollen und Zimtsterne.

Anzeige: DRK 2024 - Job - PFK Pool

Doch hier, in der von Hausherrin Andrea Kramer äußerst kurzweilig inszenierten Bühnenadaption durch das Dramaturgen-Gespann Sylvie Ebelt und Georg Kentrup für alle ab sechs Jahren, ist alles anders – und doch zum Glück auch wieder nicht. Zum ziemlich wilden Trio der Bewohner des Zimmers Nummer Dreizehn, Peter S. Herff (Gast vom Comedia Theater Köln), Thomas Kaschel (gebürtiger Recklinghäuser Folkwang-Absolvent) und Xolani Mdluli (begeisterte kürzlich in „Das platte Kaninchen“ in den Flottmannhallen), gesellt sich mit Miriam Berger (Kölner Musikerin, Schauspielerein und Performerin) eine Neue, die sich naturgemäß schwer tut, in ungewohnter Umgebung Schlaf zu finden. Sie wälzt sich hin und her, aber auch die anderen werden wieder munter. Was auch am lauten Vogelgezwitscher liegen mag, das mitten in der Nacht durchs Fenster dringt.

Xolani Mdluli, Thomas Kaschel, Peter S. Herff und Miriam Berger. in: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Den mahnenden Worten der Erzieherin (Stimme aus dem Off: Eric Rentmeister) zum Trotz kramen die Kinder ihre Spielsachen heraus – und schon fährt Emma in Miniaturformat ferngesteuert durchs Schlafgemach. Das sich im Handumdrehen in das bergige Eiland verwandelt hat, als der Paketbote ganz außerordentliche Fracht übers Meer bugsiert: Jim Knopf, ein munteres Kerlchen, das bald ein ganzer Kerl zu werden verspricht. Was dem König Kopfzerbrechen bereitet: Schon jetzt ist zu wenig Raum vorhanden für seine hochfahrenden Tourismus-Pläne mit Hotel und Bungalow-Dorf samt kabellosem Highspeed-Internet und fitnessfördernden Rad- statt Schienenwegen.

Weshalb es Emma an den Kragen gehen soll, was weder Lukas noch sein inzwischen bester Freund Jim Knopf hinzunehmen bereit sind: Flugs wird die Tenderlok hochseetauglich gemacht und dann geht es auf große Fahrt zum Kaiser von Mandala, dem sie versprechen, seine Tochter, die Prinzessin Li Si, aus den Fängen der schlangenhäuptigen Hexe Mahlzahn zu befreien. Ob die Kids dabei an die Erzieherin gedacht haben, ist nicht überliefert, denn sie erleben auf dem Weg in die sagenumwobene Felsenstadt bald weitere aufregende Abenteuer mit anderen Fabelwesen wie dem schüchternen Riesen Tur Tur, dem skurrilen Koch Ping Pong oder dem unglücklichen Drachen Nepomuk, einer von den anderen nicht für voll genommenen Promenadenmischung, in der ein halbes Nilpferd steckt.

Nach gut einer Stunde, die wie im Fluge vergangen ist, sorgt Frau Mahlzahn, welche Kinder partout nicht leiden kann, zumindest bei den jüngsten Besuchern für ein wenig Grusel. Einen Augenblick später aber mündet alles in eine fröhliche Kissenschlacht, die das Quartett dermaßen ermüdet, dass auch die Erzieherin nichts mehr zu meckern hat. Gilt auch für den Berichterstatter: drei Consol-Debütanten und der in Südafrika geborene Xolani Mdluli begeistern mit so effektvollem (Emma auf großer Tour ganz ohne Schienen) wie phantasievollem (Spiegelbild als Fata Morgana) und dabei ohne jeden pädagogischen Zeigefinger emanzipatorischem Theater gegen Angst und Ausgrenzung für die ganze Familie.

Anzeige: Spielwahnsinn 2024

Die Koproduktion mit dem Herner Theater Kohlenpott gastiert vom 13. bis zum 18. Dezember 2019 in den Flottmannhallen. Die Vorstellungen am 13., 16. und beide Aufführungen am 17. Dezember sind bereits ausverkauft.

Vergangene Termine (2) anzeigen...
  • Samstag, 14. Dezember 2019, um 16 Uhr
  • Mittwoch, 18. Dezember 2019, um 10 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann