halloherne.de

lokal, aktuell, online.
Professor Reiner Tillmanns.

Islam und Grundgesetz

Am Sonntag (21.5.2017) war der Religionsverfassungsrechtler Professor Reiner Tillmanns von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, zu Gast bei der Islamischen Gemeinde Röhlinghausen. Er sprach zum Tag des Grundgesetzes, der jedes im Mai begangen wird. Das Grundgesetz trat am 23. Mai 1949 in Kraft.

Anzeige: Spielwahnsinn 2024

„Ich bin nicht hier, um zu schmusen. Deswegen sag ich ganz klar: Wer die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die in der Menschenwürde wurzelnden Grundwerte der Verfassung nicht akzeptiert, ist in Deutschland nicht willkommen. Er soll dort bleiben oder dort hingehen, wo er nach seinen Vorstellungen leben kann. Eine darüber hinausgehende Leitkultur kann nach meinem Verständnis nicht verbindlich vorausgesetzt werden. Eine sachliche Debatte über kulturelle Gemeinsamkeiten kann identitätsstiftend wirken; eine Debatte, die mit einem unscharfen und mißbrauchsanfälligen Begriff der „Leitkultur“ operiert, steht jedoch in der Gefahr, Irritationen hervorzurufen und ausgrenzend zu wirken. Kulturelle Gemeinsamkeiten können zudem nicht statisch verstanden werden, da die Kultur einem steten Wandel unterworfen ist. Was kultureller Konsens ist, lässt sich feststellen, nicht aber vorschreiben.“

30 Gäste hörten Tillmanns zu.

Mit diesen klaren Worten begann Professor Reiner Tillmanns seinen Vortrag über das Grundgesetz und die Werteordnung unsere Verfassung, der von dreiunddreißig Teilnehmern mit großer Zustimmung aufgenommen wurde. Tillmanns erteilte allen Formen von Extremismus und einer unscharfen Leitkultur-Debatte eine Absage. „So was brauchen wir nicht. Was wir brauchen, sind gemeinsame Überzeugung auf der Grundlage der Verfassungsordnung, die von Christen, Muslimen und Andersdenkenden gleichermaßen geteilt werden können,“ so der Professor.

Zur aktuellen Debatte, ob der Islam sich mit dem Grundgesetz vereinbaren lässt, stellte Tillmanns folgendes fest: „Der Islam ist nach seinem Wesen wandelbar und anpassungsfähig. Die Geschichte zeigt, dass er sich unter Wahrung seiner Identität ständig neuen Bedingungen und Umständen angepasst hat. Die Aussagen des Koran lassen sich auch mit der Werteordnung des Grundgesetzes in Einklang bringen. Nur wer einer extremen dogmatisch-vormodernen Auslegung folgt, stößt sich am Grundgesetz. Die ganz überwiegende Mehrheit der Muslime in Deutschland folgt einer moderaten grundgesetzverträglichen Deutung des Islam. Es ist daher nicht sachgerecht, extreme Minderheitenpositionen heranzuziehen, um die Vereinbarkeit des Islam mit dem Grundgesetz infrage zu stellen.“

Professor Reiner Tillmanns.

„Viele die über das Grundgesetz sprechen, sich darauf berufen oder es nicht akzeptieren, haben es gar nicht gelesen“, stellt der Imam Ibrahim Nazik fest. „ Es empfiehlt sich, gründlich mit dem Grundgesetz auseinander zu setzen.“ Dem stimmt Tillmanns ausdrücklich zu. Er erläuterte auch mit Bezug auf die aktuellen Streitthemen – wie Meinungsfreiheit/Beleidigung, Kopftuch, Beschneidung oder Homeschooling –, was passiert, wenn mehrere Grundrechte kollidieren und wie ein Ausgleich unter den Rechtspositionen zu finden ist.

Anzeige: DRK 2024 1

„Die zufällige Zusammensetzung der Teilnehmer war ein Abbild der Gesellschaft. Muslime, Christen, Frauen, Männer, Jugendliche und Ältere alle waren vertreten. Vier Stunden lang haben wir gemeinsam gesessen, zugehört, uns unterhalten und gegessen. Allein das zeigt uns, dass wir verschieden oder gar nicht glauben, aber gemeinsam leben können,“ so Tuncay Nazik von der islamischen Gemeinde. Rüdiger Weber vom Kommunalen Integrationszentrum Herne: „Ich fand insbesondere die Gruppenzusammensetzung sehr ausgewogen. Wir konnten uns mit Jugendlichen aus der Gemeinde gut austauschen. Ich habe mich wie zu Hause gefühlt. Auch Herr Tillmanns war eine sehr gute Auswahl. Er konnte komplizierte Themen anschaulich, mit Humor und für Jedermann verständlich erklären.“

| Quelle: Islamische Gemeinde Röhlinghausen