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Da geht's lang: Der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer.

Serie: Bekannte Töchter und Söhne der Stadt

Früher Schiri, heute Chef: Thorsten Kinhöfer

Fußball war und ist für ihn immer ein Thema: Thorsten Kinhöfer war von Mitte 2002 bis Mai 2015 in der Bundesliga Schiedsrichter. Schon als Kind gab es für ihn nur den Fußball und verbrachte so viele Stunden nach der Schule und anschließenden Hausaufgaben auf dem Bolzplatz. Heute ist er Geschäftsführer der Container Terminal Herne (CTH) GmbH, ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Herne AG. Ein Rückblick auf seine Jugend und die Zeit, als er wöchentlich mit den Fußballstars der Bundesliga in den Stadien der Republik auf dem Feld stand.

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Kinhöfer wurde im Juni 1968 in Wanne-Eickel geboren und verbrachte dort auch seine gesamte Kindheit und Jugend. „Ich hatte eine sehr schöne Kinder- und Jugendzeit in Holsterhausen, welche zu 99% auf das Fußballspielen ausgerichtet war. Mit meiner Leidenschaft für Fußball hatten meine Eltern viel mit mir zu tun. Je schlechter das Wetter, desto dreckiger war der kleine Thorsten, was Höchstleistungen für die Waschmaschine im Haushalt Kinhöfer und meine Mutter bedeutete“, blickt er schmunzelnd zurück.

Nach dem Schulabschluss 1984 begann Thorsten Kinhöfer eine Ausbildung bei den Stadtwerken Herne zum Industriekaufmann. Seitdem war der Bilanzbuchhalter und Controller dort als Leiter Controlling beschäftigt, seit Anfang 2018 ist er der Chef der CTH. Die Corona-Einschränkungen treffen ihn persönlich derzeit kaum, er regelt die Geschäfte weiterhin aus seinem Büro am Westhafen in Wanne-Eickel und sagt: „Das Wichtigste ist einfach die Gesundheit. Die jetzige Ausnahmesituation muss man akzeptieren und das Beste daraus machen.“ Es würde schon wieder aufwärtsgehen, blickt er optimistisch in die Zukunft. Bei ihm sei das Glas immer halb voll, anstatt halb leer.

„Ich hatte während meiner aktiven Sportkarriere immer einen Fulltime-Job. Das ist heute aufgrund der Vielzahl an Spielen und Anforderungen kaum noch möglich“, sagt der 51-Jährige und meint damit den gestiegenen Aufwand und erhöhte Flexibilität, die nötig geworden ist. „Es war mir aber immer wichtig, die Arbeit weiterzuführen, weil klar war, dass nach der Altersgrenze der Sport ein Ende hat, das Berufsleben aber noch fast 20 Jahre andauert.“ Die war mit 47 Jahren 2015 erreicht. Mit 16 legte er die Schiri-Prüfung ab. „Ich hatte das Glück, dass ich beide Karrieren (Beruf und Sport) unter einem Hut bringen konnte.“

Verbindung Sport und Job

So konnte er den Sport und den Job verbinden, auch dank eines tollen Arbeitgebers und hervorragender Mitarbeiter, wie er selbst sagt, die ihn immer in Sachen Sport unterstützt haben. Mittlerweile gibt es ein Grundgehalt im mittleren bis hohen fünfstelligen Bereich für jeden Unparteiischen der 1. und 2. Bundesliga garantiert. „Damit hat der DFB ein Standbein für alle Kollegen festgelegt, um auch bei Ausfällen wie Krankheiten oder der derzeitigen Spielpause Einnahmen zu erzielen. Außerdem kann so der Verdienstausfall bei reduzierten Jobs ausgeglichen werden“, erläutert Kinhöfer. „Ohne Fulltime-Job sind im Normalfall auch keine beruflichen Karrieren mehr möglich, so dass das Fixum auch so eine Art Ersatzvergütung für den beruflichen Karriereverzicht bedeutet. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.“

Wenn Kinhöfer eine Frage zu seiner Karriere im deutschen Profifußball gestellt wird, kann er die schnell beantworten. Er hat sich eine Excel-Datei mit sämtlichen geleiteten Spielen während der aktiven Zeit angelegt. Bei der Zahl 213 hört sie dann auf, denn das ist die Anzahl aller Bundesligaspiele, die vom Wanne-Eickeler gepfiffen wurden. Dazu kommen unter anderem 139 Zweitligapartien, 38 Mal DFB-Pokal und internationale Spiele in der WM-Qualifikation, der Champions-League-Quali und der Europa League. „Außerdem hatte ich Spiele in Saudi-Arabien, Katar und Südkorea. Da wäre ich sonst niemals hingekommen“, merkt der frühere Unparteiische an.

Der Geschäftsführer der Container Terminal Herne GmbH, Thorsten Kinhöfer.

Sein persönliches Highlight war das DFB-Pokalfinale im ausverkauften Berliner Olympiastadion im Mai 2010 vor über 72.000 Zuschauern. Das Spiel gewann der FC Bayern München gegen Werder Bremen mit 4:0. „Das ist unvergessen, die Stimmung, die Ehre das Finale leiten zu dürfen. Das war mein sportlicher Höhepunkt“, erzählt Kinhöfer. Weiter im Gedächtnis geblieben ist im ebenfalls eine Partie in Berlin, zwischen der Hertha und dem FC Bayern Ende Januar 2005. „Tage zuvor legte Robert Hoyzer im Zuge des Wettskandals ein Geständnis ab. Ich hatte eigentlich frei, bekam dann aber kurzfristig dieses Spiel. Es war wie ein Wendepunkt in meiner Karriere, ich bekam das Vertrauen und von da an ging es nach oben“, erläutert der Ex-Referee, der Kolumnist für die Bild am Sonntag ist und die Bundesliga dort analysiert.

Fehler sind menschlich

Den Video Assistant Referee, kurz VAR, hätte er dafür gerne während der aktiven Zeit genutzt. „Damals hat mir keiner bei einer deutlichen Fehlentscheidung den Allerwertesten gerettet. Heute haben es die Kollegen damit einfacher.“ Fehler zu machen sei menschlich. Bis auf die Torlinientechnologie werden alle Entscheidungen auf dem Spielfeld durch Menschen getroffen. „Wichtig ist, dass es am Ende richtig ist. Spieler, Trainer und Fans müssen es dann aber auch akzeptieren, wenn es gegen die eigene Mannschaft ist. Das fällt aufgrund des vielen Geldes im bezahlten Fußball immer schwerer. Viele Entscheidungen im Fußball haben auch einen großen Graubereich, der zu Diskussionen führt“, so Kinhöfer.

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Nach Beendigung der Bundesliga-Karriere hat er kein Spiel mehr geleitet. „Es waren von der Schiedsrichter-Prüfung 1984 bis zum Ausscheiden 2015 31 unglaubliche Jahre – quasi von den Mini-Kickern bis zur FIFA-Liste - wo ich wirklich keine Minute missen möchte. Nun gilt der Fokus auf andere schöne Dinge außerhalb des Fußballs, die während der aktiven Zeit zu kurz kamen, die werden jetzt nachgeholt.“ Daher besucht er nur noch sporadisch die Fußballspiele im Amateurfußball. Mit dem Spiel FC Bayern gegen Mainz 05 schloss er die Karriere am 23. Mai 2015 ab. Es war sein letzter Pfiff - mit Tränen in den Augen – wehmütig und dankbar für eine unfassbar schöne Zeit.

| Autor: Marcel Gruteser