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Essstörung bei Jugendlichen - Info-Veranstaltung in der Haard-Klink in Marl.

Essstörung bei Jugendlichen

Marl-Sinsen (lwl). In der dritten Informationsveranstaltung Haard-Dialog der LWL-Klinik Marl-Sinsen am Dienstag (27.2.2018) stand das Thema Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen im Blickpunkt. Zahlreiche Interessierte hörten Vorträge zu Alarmzeichen und Therapie und stellten Nachfragen. Die Zahl der essgestörten jungen Menschen nimmt nicht zu, aber die Altersgrenze sinkt. 11- oder 12-jährige Mädchen und Jungen mit einer Essstörung seien heute keine Seltenheit mehr, berichtete Dr. Rüdiger Haas, Ärztlicher Direktor der LWL-Klinik Marl-Sinsen beim Haard-Dialog.

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Essstörung bei Jugendlichen - Info-Veranstaltung in der Haard-Klink in Marl.

Wie schnell ein bis dato eher unauffälliges Kind in eine Essstörung rutschen kann, darüber sprach der Jugendpsychiater Dr. Rüdiger Haas, in seinem Vortrag. Wie der sprichwörtliche Geist aus Aladdins Wunderlampe verspreche der Verzicht auf Nahrung den jungen Menschen häufig die Lösung ihrer Probleme. „Zuerst funktioniert das gut“, so Haas, „die Jugendlichen erhalten durch ihren Verzicht vermehrt Aufmerksamkeit und auch positive Kommentare auf den Gewichtsverlust. Aber mit der Zeit dreht sich das Leben der Betroffenen fast ausschließlich um das Thema Essen, und der einst so sympathische Geist mutiert zu einem riesigen Kobold, der jegliche Nahrungsaufnahme verbietet.“

Wie das Behandlungsteam die jungen Patienten mittels individuell zugeschnittener Ernährungspläne wieder an ein normales Essverhalten führt, darüber referierte Willi Hülshoff. Der Leiter einer auf Essstörungen spezialisierten Station machte deutlich, dass für die Eltern entlastend ist, die Verantwortung für das Essverhalten erst einmal an die Experten abzugeben. So könnten die Familien sich wieder auf positive Aspekte in ihrer Beziehung konzentrieren.

Essstörung bei Jugendlichen - Info-Veranstaltung in der Haard-Klink in Marl.

„Wir bringen viel Geduld und Empathie für unsere Patienten auf“, so Hülshoff, „niemand erwartet, dass die Jungen und Mädchen in wenigen Wochen wieder gesund sind. Wenn unsere Patienten 500 Gramm in der Woche zunehmen ist schon viel erreicht.“ Mit der Gewichtszunahme gehe auch die Wiederaufnahme eines normalen Lebens mit dem Besuch der Klinikschule, sowie Sport- und Freizeitaktivitäten einher.

Wie wichtig es für die Betroffenen ist, aus dem Gedankenkarussell auszusteigen und einmal nicht an die nächste Mahlzeit zu denken, darüber referierte Katrin Ruck. „Wenn die Gedanken nicht nur ums Essen kreisen, dann werden manchmal auch die Probleme deutlich, die sich hinter dieser Störung verbergen“, berichtete die Kunsttherapeutin. Sie zeigte anhand vieler Praxisbeispiele, wie die Beschäftigung mit unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen wie Aquarellmalen, Specksteinschleifen oder großflächigen Bildformaten die Patienten von alten Denkmustern weg- und zu neuen Sichtweisen hinführen kann .

„Was sagen Sie den Eltern, die sich die Schuld an der Essstörung ihres Kindes geben“, lautete eine der ersten Fragen aus dem Publikum im anschließenden Dialog. Dr. Haas beantwortete: „Niemand hat sich eine Essstörung gewünscht, weder Eltern noch die Kinder.“ Viel diskutiert wurde auch die Problematik, wie sich die Familie nach einer stationären Therapie verhalten soll. „Übernehmen Sie nicht sofort wieder die Verantwortung für das Gewicht ihres Kindes“, so eine Empfehlung der psychologischen Psychotherapeutin Katharina Alt, „lassen Sie diese bei dem niedergelassenen Kollegen und ihrem Kind.“.

„Eine Essstörung ist eine langwierige Erkrankung“, dämpfte Dr. Rüdiger Haas die Hoffnung auf eine schnelle Genesung. Alleine der stationäre Aufenthalt nehme häufig zwölf bis sechzehn Wochen in Anspruch. „Bis zur vollständigen Genesung vergehen oft noch einmal zwei Jahre in therapeutischer Begleitung. Da ist Geduld gefragt, und die zahlt sich aus.“

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Die nächste Informationsveranstaltung Haard-Dialog, diesmal zum Thema Angst findet am Dienstag, 8. Mai 2018, in der LWL-Klinik Marl-Sinsen statt. Informationen und Anmeldungen unter Tel 02365 / 8022126.

| Quelle: Pressedienst LWL-Kliniken