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Bruno Ganz in dem Wenders-Klassiker Der amerikanische Freund.

Wim Wenders-Klassiker in Bochum

Der amerikanische Freund

Das Kommunalen Kino Bochum zeigt im Hauptbahnhof-Kino Metropolis am Mittwoch, 31. Juli 2019, um 18 Uhr die Verfilmung des Thriller Ripley’s Game von Patricia Highsmith durch den deutschen Regisseur Wim Wenders: Der amerikanische Freund, eine deutsch-französische Koproduktion aus dem Jahr 1976. Jonathan Zimmermann (Bruno Ganz), ein Restaurateur und Bilderrahmer im Hamburger Fischmarkt-Viertel, wird von dem Pariser Mafiosi Raoul Minot (Gerard Blain) gedungen, zwei Menschen umzubringen – einen französischen Killer in Paris und einen amerikanischen Porno-Produzenten in Deutschland. Als Druckmittel setzt Monit die Mär einer unheilbaren Bluter-Krankheit ein: Zimmermann sei an Leukämie erkrankt, habe ohnehin nicht mehr lange zu leben und könne mit diesem Coup seine Familie, Frau Marianne (Lisa Kreuzer) und Kind, versorgen.

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Der Handwerker, eigentlich recht zufrieden in seinem bescheiden-bürgerlichen Dasein abseits vom Stress der Konsumgesellschaft und somit ein Anachronismus in der hanseatischen Pfeffersack-Gesellschaft, lässt sich von einer sehr durchsichtig-pessimistischen Diagnose in einer Pariser Spezialklinik dazu verleiten, die beiden Auftragsmorde zu begehen.

Der erste Mord geht besser als gedacht über die Bühne und um das Opfer braucht sich der Täter keine Gedanken zu machen: Ein Mafiosi, den es früher oder später sowieso erwischt hätte. Bei der Ausführung des zweiten stellt sich Zimmermann jedoch so dilettantisch an, dass ihm beim zweiten Mord im Trans Europa Express zwischen München und Hamburg Tom Ripley (Dennis Hopper) zu Hilfe kommen muss, der amerikanische Freund, der aus unerfindlichen Gründen ständig mit dem Cowboyhut auf der Stirn zwischen Hamburg und New York pendelt, auf dubiose Gestalten wie den alten Amerikaner mit schwarzer Augenklappe, Derwatt (Nicholas Ray, auch Sam Fuller hat einen Kurzeinsatz als US-Mafiosi), trifft und nicht näher ausgeführte Beziehungen zum französischen Mafiosi Minot unterhält. Zum Schluss begeht Zimmermann, von unsichtbaren Mächten verfolgt, in höchster Bedrängnis sehr effektvoll Selbstmord...

Der spannende Thriller von Patricia Highsmith, dessen deutscher Titel Regel ohne Ausnahme lautet, ist auch eine leise-ironische Krimi-Persiflage und stellt nicht die Aufklärung eines Verbrechens in den Mittelpunkt, sondern einen Menschen, der bis zum Äußersten getrieben wird, weil ihm – scheinbar – der Tod im Nacken sitzt. Die Verfilmung lebt weniger von der bei Wim Wenders recht konfusen Handlung als vom im wahren Wortsinn fliegenden Wechsel der Schauplätze zwischen Paris, New York, München und Hamburg, von Robby Müllers furiosen Kameraschwenks, Peter Przygoddas atemberaubenden Schnitten und Jürgen Kniepers suggestiver Musik-Collage.

Die Kritiker der Festivals in Cannes und New York sowie in Deutschland waren seinerzeit begeistert. Da war von einer Verbeugung vor Neu-Hollywood die Rede, von einer „hinreißenden Farbdramaturgie“, von einer Künstlichkeit in Figurenkonstellation und Montage, die des Altmeisters Alfred Hitchcock ebenbürtig sei. Der amerikanische Freund – die politische Ballade einer Männerfreundschaft? Ein pessimistischer Kommentar zur nachrevolutionären Bewusstseinskrise der späten 1970er Jahre? Ein urbaner Alptraum in Hamburgparisnewyork, der den Menschen krank macht und zum Mörder werden lässt? Die Geschichte vom Identitätsverlust des Protagonisten Jonathan Zimmermann, nachdem dieser unversehens aus der bürgerlichen Gesellschaft herausgerissen wird?

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Die unterschiedlichen Interpretationsansätze sind Legion – und sie überzeugen sämtlich bis heute nicht wirklich. Immerhin atmet Der amerikanische Freund internationales Flair und hat Wim Wenders den Weg in die USA geebnet. Und er ist auch in kleinsten Nebenrollen hochkarätig besetzt, neben den Genannten sind unter anderem auch Peter Lilienthal (als Gangster Marcangelo), Jean Eustache (als dessen Chauffeur) und Daniel Schmid (als Igraham) zu sehen – und auch Wim Wenders selbst geistert immer wieder kurz über die Leinwand.

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  • Mittwoch, 31. Juli 2019, um 18 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann