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Dr. Katarina Stetinova-Popitz und Dr. Stefan Kimm referierten beim Haard-Dialog.

Computerspiele und die normale Jugend

Marl-Sinsen (lwl). „Computerspiele gehören bei den allermeisten Kindern und Jugendlichen zum Alltag. Und das ist auch völlig in Ordnung – selbst wenn Sie es manchmal etwas übertreiben.“ Diese Aussage von Dr. Stefan Kimm dürfte bei so manchem Zuhörer im Festsaal der LWL-Klinik Marl-Sinsen für Erleichterung gesorgt haben. Etwa 100 Interessierte hatten sich in der Marler Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) eingefunden, um während der Veranstaltungsreihe Haard-Dialog mehr über Computer- und Internetspielsucht bei Kindern und Jugendlichen zu erfahren.

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Dr. Katarina Stetinova-Popitz, Fachfrau für Internet- und Computerspielsucht an der LWL-Klinik Marl-Sinsen machte deutlich, dass ein Jugendlicher, der viel Zeit vor dem Computer verbringt, nicht zwingend einsam oder sozial auffällig ist. Im Gegenteil, die Kids würden sich häufig für ein gemeinsames Online-Game verabreden. Allerdings gebe es schon die Beobachtung, dass sogenannte Gamer häufiger an Depressionen oder Ängsten leiden: „Hier stellt sich die Frage“, so Stetinova-Popitz, „ was war zuerst da – das Huhn oder das Ei?“

„In unserer Dortmunder Fachklinik sehe ich nur wenige junge Patienten, die wirklich abhängig sind“, berichtete auch Dr. Kimm aus seiner langjährigen Erfahrung in der Spezialsprechstunde für Internet- und Computerspielsucht der LWL-Klinik Dortmund –Elisabeth-Klinik. Es sei vielmehr so, dass die Jugendlichen neben einer psychischen Erkrankung auch ein problematisches Verhalten bei der Nutzung eines Computers zeigen. “Der typische Süchtige ist eher Anfang 30 als zwölf bis siebzehn Jahre alt“, so Kimm weiter.

Wichtig sei, dass das Spiel am Computer für Heranwachsende verführerische Optionen biete, sich gefühlt unangenehmen Lebenssituationen zu entziehen oder diese auf die „Online-Ebene“ zu ziehen. Dazu gehöre, direkten Kontakt zu Mitschülern aufzunehmen oder sich an neue Herausforderungen zu wagen. „Das liegt auch daran, dass Computerspiele ihren Nutzern sehr viele Erfolgserlebnisse bereiten“, erklärte Stetinova-Popitz dieses Verhalten aus Sicht der Gamer.

Alarmiert sollten Eltern oder Lehrer dann sein, wenn der Computer für die Jugendlichen der zentrale Lebensmittelpunkt wird und sie in Kauf nehmen, dass andere Aktivitäten wie Hobbys, Essen, Schlafen oder auch der Schulbesuch völlig unwichtig werden. Wo man in diesem Fall Hilfe finde, fragte eine interessierte Mutter. „Wenden Sie sich an eine örtliche Beratungsstelle oder kommen Sie zu uns“, so Stetinova-Popitz, „entweder zu meinem Kollegen Dr. Kimm nach Dortmund oder ab Januar in die Spezialsprechstunde der LWL-Klinik Marl-Sinsen.“ „Aber was, wenn mein Sohn sich weigert, mitzukommen“, lautete eine weitere Frage aus dem Publikum. „Dann kommen sie eben alleine und wir nutzen dieses Beratungsgespräch um das Problem einzugrenzen und ein weiteres Vorgehen zu besprechen.“

Hintergrund

Gaming-Disorder - Computerspielsucht - wurde in diesem Jahr von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Krankheit eingestuft. Laut Marlene Mortler, der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, gibt es in Deutschland etwa 100.000 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren, die ein problematisches Nutzungsverhalten zeigen. Die LWL-Klinik Dortmund – Elisabeth-Klinik bietet bereits seit 2013 eine Spezialsprechstunde für Computer- und Internetspielsucht bei Kindern und Jugendlichen an. mehr Info hier

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Die LWL-Klinik Marl-Sinsen bietet ab dem Januar 2018 eine Spezialsprechstunde für Computer- und Internetspielsucht bei Kindern und Jugendlichen an. mehr Info hier

| Quelle: LWL-Pressestelle