halloherne.de

lokal, aktuell, online.

Angriff mit Fingernägeln, Messer und Pflasterstein

Als der Herner Lebensmittel-Großhändler Jürgen Stieneke wegen gesundheitlicher Probleme und seines höheren Alters (70) Mitte April 2016 auf einer Betriebsversammlung seinen Beschäftigten die Einstellung seines Unternehmens Der Milchbauer am Standort Großmarkt für Ende Novemver 2016 mitteilte, erhoben später insgesamt 18 Beschäftigte Kündigungsschutzklagen vor dem Arbeitsgericht (halloherne berichtete). Die arbeitsrechtliichen Auseinandersetzungen gingen in den meisten Fällen durch Klagerücknahmen zu Ende.

Anzeige: Spielwahnsinn 2024

Dass sich aber noch ein Strafgericht im Mai 2017 mit den Folgen der Firmenschließung beschäftigen müsse, war damals noch nicht abzusehen. Schon auf der Betriebsversammlung hatte sich mit Birol B. ein Mitarbeiter angeboten, das Unternehmen im kleineren Rahmen mit der Belieferung von Pizzerien und Eisdielen weiterzuführen. Der überwiegende Kundenstamm von 75 Prozent war von der Oberhausener GLV übernommen worden. Birol B., der sich jetzt im Zeugenstand von Strafrichterin Heinrich im Amtsgericht Wanne-Eickel als rechte Hand von Jürgen Stieneke bezeichnete, sorgte nach eigener Darstellung für die Rücknahme der meisten Klagen seiner Kollegen und führte die Firma ab 1. Juni bis zum Ablauf seiner Kündigungsfrist Ende 2016 weiter. Dann wechselte er zum Übernehmer GLV nach Oberhausen, wurde dort zum Ende März gekündigt und ist seitdem arbeitslos.

Doch schon 2016 war seine Firmenführung mit Übernahme eines Teils des Kundenstamms bei der Freundin des Firmenseniors auf Widerstand gestoßen. Die 45 Jahre alte Nigerianerin Queen B.-G. hatte seit April selbst Interesse an der Übernahme des Kundenstamms bekundet und verwickelte deshalb Birol B. am 19. Okober nachmittags gegen 16.15 Uhr zunächst in ein lautstarkes Wortgefecht, das später in einer handfesten Auseinandersetzung mündete. In deren Verlauf wurde der angegriffene Birol B. mehrfach verletzt, wie er im Zeugenstand ausführlich und unwidersprochen berichtete. Die Frau, bei deren Personalienfeststellung das Gericht trotz vorliegender Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis angesichts eines guten Dutzends Herkunftsländern, Geburtsorten, Famiien- und Vornamen sowie Geburtsdaten große Mühe hatte, sich auf Lagos (Nigeria), das Geburtsjahr 1972 und den Vornamen Queen zu verständigen, hatte den Zeugen mit den Fingernägeln beider Hände die Brust zerkratzt, dann mit einem geworfenen Schlüsselbund seine Nase verletzt, um es danach noch mit einem Pflasterstein von einem Gerätewagen zu versuchen. Arbeitskollegen und auch der eigene Bruder der Angeklagten konnten das aber verhindern. Danach ging die Frau in das auf dem Betriebsgelände stehende Wohnhaus und kehrte mit einem "20 bis 30 cm langen Messer" zurück, konnte aber in bedrohlicher Haltung zwei bis drei Meter vor Birol B. von den anderen Zeugen noch einmal gestoppt werden.

Anzeige: Glasfaser in Crange

Die waren zwar einschließlich Seniorchef Jürgen Stieneke alle geladen, mussten dann aber nicht mehr aussagen. Nach der umfangreichen Beweisaufnahme bat Verteidiger Wolfgang Bruch Richterin und Staatsanwältin um ein Gespräch unter sechs Augen, das folgendes Ergebnis hatte: Im Einverständnis mit der Angeklagten und dem Zeugen als Geschädigtem wird das Verfahren gegen Auflagen eingestellt. Die Angeklagte, die sich noch im Gerichtssaal bei Birol B. ausdrücklich entschuldigte ("Das tut mir alles sehr leid") zahlt statt einer Geldbuße tausend Euro Schmerzensgeld an B. und weitere tausend Euro an die Kindernothilfe Duisburg. (AZ 8 Ds 19/17)

| Autor: Helge Kondring