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- nach 38 Jahren

Altenpflegerin sollte in den Tagdienst versetzt werden

Das Direktionsrecht eines Arbeitgebers ist weit gefasst und steht auch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts weit oben. Aber es gibt Ausnahmen, wenn bei der Abwägung betrieblicher Interessen mit den Interessen eines Arbeitnehmers dessen Interessen überwiegen. So geschehen nach Auffassung der 1. Kammer des Arbeitsgerichts im Fall einer seit 38 (!) Jahren im Nachtdienst des Alten- und Seniorenzentrums der St. Elisabeth-Gruppe an der Wörthstraße tätigen Altenpflegerin, die im Mai 65 Jahre alt wird und Ende Dezember dieses Jahres in den Ruhestand geht.

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Aufgrund einer Beschwerde von Angehörigen einer Heimbewohnerin über eine pflegerische Fehlleistung der Frau, die erst vier Monate später zu einem Personalgespräch führte, und einer angeblich unterlassenen Hilfeleistung für einen außerhalb ihrer Dienstzeit gestürzten Heimbewohner sei man zu dem Entschluss gekommen, die Pflegerin quasi präventiv für zukünftige Vorfälle aus dem Nachtdienst in den Tagdienst zu versetzen. Das, so die von Rechtsanwalt Kolbe vor dem Arbeitsgericht vertretene Pflegerin, habe sie nicht nur gesundheitlich erheblich angegriffen. Schlaflose Nächte zum Einen und, auch eine Folge der Versetzung, der Verlust von monatlich 400 Euro netto waren die gesundheitliche und wirtschaftliche Konsequenz der am 20. September 2017 angeordneten Versetzung, der die Frau erst einmal nachkam, sich aber dann gerichtlich dagegen zur Wehr setzte.

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Für den Vorwurf der angeblich verweigerten Hilfeleistung hatte die Klägerin eine simple Erklärung. Erstens war das außerhalb ihrer Dienstzeit und hatte mit Nachtdienst überhaupt nichts zu tun, und zweitens habe sie in Straßenkleidung wegen hygienischer Anforderungen im konkreten Fall sowieso nicht helfen können, habe aber sofort Hilfe herbeigeholt. Im Fall der erst Monate später mit der Klägerin besprochenen Angehörigen-Beschwerde vermisste Kammervorsitzende Rohkämper-Malinowski erneut einen "detaillierteren Vortrag" von Einrichtungsleiter Michalak dazu. Dessen Argumentation, dass Nachtdienst doch eher die Ausnahme sei und als Nachteil durch den Tagesdienst ersetzt werden solle, ließ die Kammer auch nicht gelten. Nach 38 Jahren ausdrücklich gewolltem Nachtdient und nicht mal mehr ein Jahr vor dem Ruhestand sei dieses Beispiel wohl nicht zutreffend, gab sie den Prozessvertretern der Arbeitgeberseite zu bedenken. Und da die Frau bis zu ihrem Ruhestand noch weiter arbeiten will und ein vorzeitiges Ausscheiden auf dem Vergeichsweg deshab nicht möglich war, musste die Kammer entscheiden, sah die Interessen der Klägerin als überwiegend an und hob die Versetzungsanordnung als "rechtsunwirksam" auf. (AZ 1 Ca 1931/17)

| Autor: Helge Kondring