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Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze. v.l. Nils Schmitz, Patrick Schlütting, Alexander Ruppert.

Samen, Exoten, Raritäten und Gartenpflanzen

Der Dschungel an der Stadtgrenze

„Richtig fertig ist man eh nie“, sagt Patrick Schlütting und schaut sich um. Schlütting ist einer von drei Biologen der Ruhr-Uni, die sich in ein Wagnis der besonderen Art begeben haben: Vor einem Jahr haben sie gemeinsam die alte Friedhofsgärtnerei auf dem Hertener Gelände vor dem Herner Waldfriedhof angemietet - samt wunderschönem und verwunschenem Garten, Ladenlokal und Gewächshaus. „Jungle Leaves“ nennen die Gründer ihre botanische Idylle.

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Die drei Freunde hatten studienbedingt alle ein gemeinsames Hobby: Terrarien und ihre besondere Bepflanzung. Pflanzen selber ziehen, aus Stecklingen oder aus Samen, das brachte die heimischen Fensterbänke an ihre Grenzen. Um Platz zu schaffen haben sie Pflanzen verkauft und dabei schnell gemerkt: „Hey, das läuft ja ganz gut! Da gibt es Menschen, die scheinbar darauf gewartet haben“, sagt Schlütting im halloherne-Gespräch. „Wir hatten alle so viel Kram zu Hause und waren uns sicher: Alles würde in einem Gewächshaus noch viel besser wachsen.“ So reifte nach und nach die Idee eines eigenen Gewächshauses.

Der Wasserfall wird in den nächsten Tagen wieder in Betrieb genommen.

Auf eine Kleinanzeige meldete sich am 15.3.2020, zwei Tage nach dem ersten Lockdown, der Vermieter der alten Friedhofsgärtnerei an der Stadtgrenze Herne/Herten und lud die Biologen ein, sich das Areal anzuschauen. Schlütting war damals als Erster vor Ort, ließ alles auf sich wirken, „dazu brauchte ich allerdings nur fünf Minuten“, sagt er lachend. Als Nils Schmitz eintraf, empfing er ihn mit den Worten: „Nils, egal was es kostet, wir nehmen es.“ Dessen erste Reaktion war allerdings: „Wunderschön, aber nichts wie weg hier. Wer soll das bezahlen?“ Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Dritte im Bunde, Alexander Ruppert, noch auf einer Forschungsreise in Costa Rica und hatte Mühe, den letzten Rückhol-Flug der Regierung in die Heimat zu erwischen. Noch im Flieger bekam er die ersten Fotos von dem Objekt - aber da war es eigentlich schon beschlossene Sache.

Seit einem Jahr arbeiten sie nun an ihrem Traum, von dem sie nicht wussten, dass sie ihn hatten. Patrick Schlütting lacht: „Wir hätten nicht gedacht, dass wir mal Einzelhändler werden.“ Ein Jahr lang haben sie gewerkelt, geräumt, gesäubert, gestrichen und das Gewächshaus zum Leben erweckt.

Eingang und Garten von Bambus befreit, der im Laufe der Jahre die Herrschaft übernommen hatte. Der Garten wurde von Wildkräutern erlöst und zeigte sich als ein echtes Kleinod: Steingärten wurden erneuert und ein Teich samt Wasserfall von Wildkräutern freigelegt. Im halloherne-Gespräch sprudelt die Begeisterung aus den Jungs nur so raus, und sie erzählen von ihren zahlreichen Ideen, die sie noch realisieren wollen.

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Drei Biologen der RUB eröffneten mit &#039Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze - zum Gelände gehört ein traumhafter Garten.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze - zum Gelände gehört ein traumhafter Garten. v.l. Nils Schmitz, Patrick Schlütting, Alexander Ruppert.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze. im Bild: Alexander Ruppert, der Begonien-Experte.

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Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze. Hier sieht man ganz deutlich die unterschiedlichen Kammern der Ameisenpflanze.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze.  im Bild: Nils Schmitz der Experte für Ameisenpflanzen, tropische Nutzpflanzen und Mangroven - mit einer Ameisenpflanze.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze. im Bild: Patrick Schlütting, der in der Hand eine Eidechsenwurz hält, aus der Familie der Aronstabgewächse (Araceae). Die Knolle blüht ohne Wasser und Erde, stinkt allerdings wie Aas.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze. im Bild: Alexander Ruppert und die Leucocasia gigantea aus der Familie der Aronstabgewächse.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze. im Bild: Nils Schmitz der Experte für Ameisenpflanzen, tropische Nutzpflanzen und Mangroven - mit der Schale einer echten Kakaopflanze.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze. im Bild: Patrick Schlütting der Experte für Aronstabgewächse, Bromelien und  Aasblumen.

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Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze. im Bild: die Begonia maculata oder auch genannt: Forellenbegonie.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze. im Bild: Mangroven aus den Gezeitenbereiche der tropischen Küsten.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen der RUB eröffneten mit 'Jungle Leaves' einen etwas anderen Pflanzenladen an der Stadtgrenze.

Foto:  Carola Quickels

Drei Biologen richten den Garten der alten Friedhofsgärtnerei - Jungle Leaves - nennen sie ihren Laden - am Waldfriedhof wieder her. Im Bild: Der Wasserfall wird in den nächsten Tagen wieder in Betrieb genommen.

Foto:  Carola Quickels

Das Gewächshaus, das eigentlich ein Tropenhaus ist, nimmt einem den Atem: Und das nicht nur, wegen der feucht-warmen Luftverhältnisse, sondern aufgrund der Artenvielfalt. Rund 400 Pflanzenarten gedeihen hier: Orchideen, leuchtende Begonien, Aronstabgewächse wie die große Leucocasia gigantea, der Eidechsenwurz gedeiht ohne Erde und ohne Wasser, Farne, Moose, Selaginella, Aasblumen, Titanenwurz, Sauromatum, Typhonium, Ameisenpflanzen, Bromelien, Hydnophytum, Lecanopteris, Myrmecodia oder auch Mangroven aus den Gezeitenbereiche der tropischen Küsten und und und.

So viel Ideenreichtum und Engagement wurde von der Jury des Gründerstipendiums NRW belohnt: Sie empfahl die Geschäftsidee der Biologen einvernehmlich für ein Stipendium. Das hilft nun finanziell über die ersten Monate. Ziemlich genau nach einem Jahr Arbeit, im März 2021, „waren wir an dem Punkt, dass wir unser 'Jungle Leaves' den Leuten präsentieren konnten“, erzählt Nils Schmitz. „Ohne Eröffnungs-Brimborium, wir haben einfach unsere Tür geöffnet.“ Und siehe da, die Menschen kamen.

Allerdings hat es die Corona-Pandemie mit ihren unterschiedlichsten Einschränkungen und Regeln den Jungs nicht leicht gemacht: offen, zu, mit Termin, ohne Termin, mit Attest, ohne Attest, alleine oder mit fünf Menschen .... An manchen Tagen „blickten wir nicht durch und haben die neue Regel erst verspätet mitbekommen.“

Nils Schmitz der Experte für Ameisenpflanzen, tropische Nutzpflanzen und Mangroven - mit einer Ameisenpflanze.

Beratung wird groß geschrieben

Die drei freuen sich auf Menschen mit einem grünen Daumen, aber auch auf solche, die einen grünen Daumen bekommen wollen. Sie wollen allerdings nicht nur verkaufen, sondern ihre Kunden auch umfassend zu beraten. Nils Schmitz: „Wir lassen uns die Wohnung und die Lichtverhältnisse erklären und geben daraufhin Tipps und erklären, was sich warum besonders eignet, aber auch, warum man etwas nicht kaufen sollte. Solch eine Beratung kann schon mal eine gute Stunde in Anspruch nehmen.“ Dafür sollte man unbedingt einen Termin ausmachen: Tel 02366/5694440.

Normales Gartenmarkt-Sortiment

Im Angebot ist das ganz normale Gartenmarkt-Sortiment, Zimmer- und Balkonpflanzen, Erde, Substrate, Gartenzubehör, Deko aber eben auch: jede Menge Raritäten. Von den exotischen Pflanzen seien viele fürs Zimmer geeignet, manche sind aber sehr speziell und bräuchten ein Terrarium, weil sie ihr eigenes Klima bevorzugen. Sollte ein Kunde Gartenwünsche haben, die der „Jungle“ nicht im Angebot hat, so geben die drei alles, um diesen Wunsch zu erfüllen.

Jeder ist ein Spezialist

Patrick Schlütting der Experte für Aronstabgewächse, Bromelien und Aasblumen.

„Gerade über exotische Pflanzen findet man oft wenig bis nichts im Netz. Jeder von uns kennt sich aus und weiß über die Grundbedürfnisse der Pflanzen Bescheid. Aber jeder von uns hat sein Spezialgebiet, in dem er sich noch besser auskennt“, erklärt Alexander Ruppert. Er sei zum Beispiel der Begonien-Experte. Die Nachfrage der halloherne-Redakteurin: „Das ist jetzt ein Scherz und nicht ernst gemeint?“, löst eine Lachsalve bei den Biologen aus und ich lasse mich belehren: „Es gibt schon die eine oder andere Pflanze mehr als die Eisbegonie.“

Patrick ist unter anderem der Experte für Aronstabgewächse, Bromelien und Aasblumen (ich frage nun nicht mehr nach) und Nils liebt unter anderem die tropischen Nutzpflanzen, die Mangroven und die Ameisenpflanzen. Ja nee, ist klar: Auch hier frage ich nicht. Bekomme es aber so verständlich und liebevoll erklärt, dass ich es verstehe.

Online-Shop

Alexander Ruppert und die Leucocasia gigantea aus der Familie der Aronstabgewächse.

Seit Montag (12.4.2021) ist der „Jungle-Online-Shop“ aktiv und sie versenden ihre pflanzlichen Schätze europaweit. „Gerade diese exotischen, diese Sammlerpflanzen, die kann man lokal nicht so gut absetzen, die verschicken wir. Das spricht halt nur eine relativ kleine Zielgruppe an“, erklärt Alexander Ruppert.

Einzigartigkeit

Die drei freuen sich, ihre unglaubliche Pflanzenvielfalt zu vermehren und die Menschen damit zu erfreuen. „Wir legen Wert auf Pflanzen, die lokal vernünftig angewachsen und in einem gutem Zustand sind“, erzählt Alexander Ruppert. Nur solche würden sie auch verschicken. Das sei oft bei tropischen Pflanzen, die im Nicht-EU-Ausland bestellt würden, anders. Die Pflanzen kämen, wenn sie zwei Wochen unterwegs sind, in einem denkbar schlechten Zustand beim Käufer an und seien zudem auch noch überteuert. „Davon wollen wir uns absetzen“, ergänzt Nils Schmitz.

Nachhaltigkeit und Artenschutz

Und es wären keine Biologen, würden sie keinen Wert auf Artenschutz und Umweltverträglichkeit legen. So ist für sie die Verwendung von Pflanzenerde mit möglichst wenig Torf, Recycling-Plastik und Pappe oder Papier für den Versand keine Pflicht, sondern zeugt von einer Haltung. Und dass sie Schädlinge nach Möglichkeit mit Nützlingen wie Marienkäferlarven oder Raubmilben eliminieren, auch das muss eigentlich nicht erwähnt werden.

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Jungle Leaves, Ewaldstraße 486, 45699 Herten, Tel 02366/5694440 mehr Infos

Kaum war die Dschungel-Tür auf, kamen die ersten Kunden.
| Quelle: Carola Quickels