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Die Friseure gegen Armut waren wieder ehrenamtlich unterwegs.

Freundeskreis: Friseure gegen Armut

Schneiden für das Selbstwertgefühl

Sie schneiden Menschen in schwierigen Lebenssituationen, Bedürftigen und Obdachlosen unentgeltlich die Haare und nennen sich Friseure gegen Armut. Der Zusammenschluss von rund 15 Menschen, die das Friseur-Handwerk erlernt haben, existiert im zweiten Jahr. Seit dieser Zeit bieten sie ihre Dienste an den unterschiedlichsten Orten an. Am Samstag (14.12.2019) waren sie mit sechs gelernten Friseuren und einer Service-Kraft am Buschkamp, in den Räumen der Suppenküche zu Gast. „Wir sind kein Verein, sonder wir nennen uns Freundeskreis“ sagt Friseur Kai. Von ihm und Claudia stammt die Idee des Freundeskreises. „Geraten Menschen in eine schwierige Lebenssituation, so ist es in der Regel der Besuch beim Friseur an dem sie sparen“, sagt Kai. „Das hören wir immer wieder.“ Dabei ist es den Freunden nicht wichtig, ob ihre Gäste diese schwierigen Lebenssitutation selbst verschuldet haben oder nicht.

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Fabienne bedient Ramona, die auf das Können der gelernten Friseurin vertraut.

In den Räumen der Suppenküche sind sie nicht zum ersten Mal, aber es ist das erste Mal, dass sie solch einen kleinen Raum wie heute zur Verfügung gestellt bekommen haben. „Eigentlich könnten wir fünf Gäste gleichzeitig bedienen, aber das ist in diesem Raum nicht möglich“, bedauert Kai. Zusätzlich zum kostenlosen Haarschnitt bewirten die Freunde ihre Gäste mit Kaffee, Kuchen und Waffeln, und an den Schneide-Tagen nehmen sie auch Kleider-Spenden entgegen. „Eigentlich legen wir diese Spenden auch immer auch gleich aus, damit sich die Gäste sofort daran bedienen können, aber wir können sie heute nur in einer Ecke stapeln."

Das Vertauen hat sich gelohnt.

An diesem Morgen haben die Freunde bereits 21 Menschen zu einem neuen Haarschnitt verholfen. Nach einer kurzen Mittags-Pause geht es gleich weiter, und mit Antonio betritt der nächste Gast zaghaft den Raum und wird gleich von allen freundschaftlich begrüßt. „Ja, mit der Zeit kennen wir unsere Gäste", lacht Kai, „denn viele kommen immer wieder. Wir sind ja an mehreren Orten in Herne und Umgebung unterwegs."

Diese dicke Mähne soll ab.

Schon kommt mit Ramona der nächste Gast hinein. Ramona ist zum ersten Mal beim Freundeskreis. Über die Tafel, dort lagen Einladungs-Flyer aus, hat sie von dem heutigen Tag erfahren. Sie ist unzufrieden mit ihren Haaren. „Ich habe extrem dünnes Haar und der letzte Schnitt - ein Kurzhaarschnitt - ist schon länger her. Seitdem hängen sie eigentlich nur runter“, sagt sie lachend und vertraut ganz auf Fabiennes Fertigkeiten. „Ach mach einfach, ich vertraue dir, denn du bist ja schließlich vom Fach.“ Mit Kerstin (Name geändert) kommt die nächste Frau herein. Auch sie ist häufiger Gast bei den Freunden. Sie hat langes und wallendes Haar, das ihr bis zum Popo reicht. Die Haare sollen bis auf Ohrlänge abeschnitten werden, was bei den Freunden ein geräuschvolles Lufteinziehen hervorruft.

Der Anfang vom kurzen Haarende.

In der Zwischenzeit ist Ramona fertig und mehr als zufrieden mit ihrem Aussehen. Fabienne: „Durch das Durchstufen habe ich dem Haar schon mehr Volumen gegeben und mit ein bisschen Übung bekommt Ramona das auch selber hin.“ Für Ramona hat sie noch den Tipp: „Dieser Schnitt eignet sich prima zum Kopfüber-Föhnen. Also, einfach den Kopf hängen lassen föhnen und dann durchwuseln, Haarspray drauf, fertig.“ Ramona ist begeistert, zumal morgen auch noch eine Weihnachtsfeier ansteht. „Das war heute genau der richtige Zeitpunkt“, strahlt sie. Und Kerstin? Bei Kerstin sind die Haare mittlerweile alle bis auf Ohrlänge gekappt, und auch sie werden jetzt noch durchgestuft. Die Belegschaft hat wieder ausgeatmet und finden die Frisur extrem schick. Kerstin übrigens auch.

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Schnipp schnapp sind die Haare ab.

„Ist das Geld knapp, wird in den meisten Fällen am Haarschnitt gespart. Dabei hat dein Aussehen viel mit deinem Selbstwertgefühl zu tun“, erklärt Kai noch einmal. „Das ist der Grund, warum wir diese Aktion machen. Wir möchten den Menschen helfen, sich ein wenig besser zu fühlen.“ Jeder Gast geht mit vielen Dankes-Worten und einem Lächeln im Gesicht aus dem Raum.

Die Friseure gegen Armut waren wieder ehrenamtlich unterwegs.
| Autor: Carola Quickels