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Vier Vergleiche und nur ein Klägererfolg

Sinterwerke in der Berufung

In erster Instanz in Herne waren sie erfolgreich, die fünf Anlagenbetreuer der Sinterwerke Herne (halloherne berichtete), die nach dem zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung bis 2019 abgeschlossenen Standortsicherungsvertrag Ende 2015 oft nach vielen Jahren ihren Arbeitsplatz an der Forellstraße verloren hatten. Doch der Arbeitgeber, der nach einem Insolvenzantrag die Firma bis März dieses Jahres in Eigenverantwortung (Schutzschirmverfahren) führte, was ihm nach der Insolvenzordnung kürzere Kündigungsfristen von nur drei Monaten einräumte, ging in allen Fällen in die Berufung zum Landesarbeitsgericht nach Hamm, dessen 16. Kammer am Montag (19.9.2016) die Betroffenen und ihre Anwälte Dr. Ingo Benninghoven, Almuth Riedel, Gebauer sowie Andreas Kapeller (DGB) mit einer neuen Rechtsauffassung zum Sozialplanverfahren bekannt machte. Danach, so Kammervorsitzender Rüdiger Helbig, kann das Verfahren bei der Aufstellung eines Sozialplans durchaus fehlerhaft sein, führt aber gleichwohl nicht zur Unwirksamkeit, wenn das Ergebnis auch in den Augen der Gerichte "richtig" ist.

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Bei den Sinterwerken waren nach Abschluss des Standortsicherungsvertrages mit der Garantie von 181 Arbeitsplätzen bis 2019 in Absprache mit dem Betriebsrat 34 Arbeitnehmer auf die Kündigungslisten geraten. Aufgeteilt nach Altersstruktur in Arbeitsbereichsgruppen wie beispielsweise Sinterofen und Großpresse. Vorher hatte man jedoch "aus berechtigtem Interesse, den Kreis der in diesem Bereich erfahrenen Leute als alte Stamm-Mannschaft zusammenzuhalten," diese "Leistungsträger" aus dem Sozialplanverfahren herausgenommen, wie die Firmenanwälte Hölck und Löptien auch in Hamm wieder erläuterten. Dieser in Herne von mehreren Kammern gerügte Umstand mag wohl ein "überzeugender Grund" gewesen sein, warum die LAG-Kammer den Klägern zu bedenken gab, dass die Berufung des Arbeitgebers gegen die Herner Urteile durchaus erfolgreich sein könnte. Immerhin hatte die Arbeitsgeberseite zwischen erster und zweiter Instanz nachweisen können, dass man damals alle Unterlagen und Sozialdaten für die Namensliste dem Betriebsrat zur Verfügung gestellt hatte.

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Deshalb gab es in vier Fällen Abfindungsvergleiche für die zwischen 15 und 39 Jahren beschäftigten Kläger von 25.000 Euro für Feyyaz Sönmez. Haki Gün 16.250 Euro, Gazi Ayas 29.000 Euro und Helmut Wilkowski 18.000 Euro. Dazu zweimal eine Verlängerung der Kündigungsfrist der ohnehin wegen Arbeitsunfähigkeit nicht mehr auf der Lohnliste stehenden Mitarbeiter um sechs Monate verlängert, damit die Kläger einmal sechs (24 statt 18) und einmal drei Monate (15 statt 12) länger Arbeitslosengeld beziehen können. Bei dem seit 30 Jahren beschäftigten Giuoksel Houssein, der nach Schließung der Vorgängerfirma BTMT an die Großpresse der Sinterwerke gewechselt war, war aber nicht nur das Verfahren der Sozialauswahl sondern auch das Ergebnis nach Auffassung der Kammer so "fehlerhaft", dass die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen wurde (AZ 16 Sa 142/16). Houssein, der eine Abfindung von 24.000 Euro brutto abgelehnt hatte, war nach dem ersten Klageerfolg in Herne im Januar allerdings auch aus krankheitsbedingten Gründen ein zweites Mal gekündigt worden und hatte diese Klage ebenfalls gewonnen.

| Autor: Helge Kondring