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Die Haranni-Clinic an der Schulstraße.

Josef Wiemann hört als Kassenarzt auf

Josef Wiemann.

Der Lungenfacharzt Josef Wiemann (59) beendet zum 30. September 2015 seine Tätigkeit als Kassenarzt in seiner Praxis in der Haranni-Clinic an der Schulstraße. "Ich halte das nicht mehr aus", sagte er. Nach zwei Jahren Streit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (halloherne berichtete) soll sein Kassensitz zum 1. Oktober an das Medizinische Versorgungszentrum RUHRmed GmbH übergehen (das mit dem EvK Herne kooperiert), als dessen Angestellter er dann als Facharzt für Pneumologie arbeiten kann. Sein Schlaflabor bleibe dann geschlossen. "Das kann ich mir nicht mehr leisten" (Wiemann). Seine letzten sieben Angestellten - von einst 23 - erhielten zum 30. September 2015 die Kündigung.

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Rückblende. Seit einer 39-prozentigen Kürzung seines Honorars durch die KV im Jahr 2010 erhielt Josef Wiemann pro Quartal von der KV etwa 150.000 Euro - bei geltend gemachten Leistungen in Höhe von 210.000 Euro. Quartal für Quartal legte er gegen die Bescheide der KV Widerspruch ein, doch die blieben unbehandelt liegen. Bis heute. Als er im Herbst 2013 gegenüber der KV darauf hinwies, dass er deswegen eine Untätigkeitsklage erwäge, erhielt er zwei Wochen später von der KV einen Brief. Man habe Wiemanns Quartals-Abrechnungen einer so genannten Plausibilitäts-Prüfung unterzogen und festgestellt: Wiemann arbeite unplausibel viel. Auf dieser Basis errechnete die KV eine Rückzahlungs-Forderung rückwirkend seit 1/2010 in Höhe von knapp 600.000 Euro. Wogegen ebenfalls ein Widerspruchsverfahren läuft, das ebenfalls bis heute nicht beschieden wurde.

Josef Wiemann hatte zuvor mehrfach versucht, einen zweiten Kassenarzt wegen Sonderbedarfs einstellen zu dürfen, was die KV stets ablehnte mit dem Hinweis, dass er das Patienten-Aufkommen (rund 1600 pro Quartal bei Terminwartezeiten von drei bis vier Monaten) alleine schaffen könne. Was er dann auch versuchte, und was ihn in der Plausibilitäts-Prüfung "auffällig" werden ließ.

In der Folgezeit zog ihm die KV Quartal für Quartal nicht nur die seit 2010 geltende 39-prozentige Kürzung sondern noch weitere 40 Prozent ab - zur Verrechnung mit Wiemanns "Schulden" aus der Rückzahlungs-Forderung - obwohl sein Widerspruch gegen diese Forderung bis heute noch nicht behandelt wurde. Mittlerweile, im Jahr 2015, habe die KV ihre Zahlungen an Wiemann ganz eingestellt. "Für das erste Quartal habe ich sogar noch eine Rechnung über 1.300 Euro bekommen, die ich an die KV bezahlen soll."

Einzelprüfungen, ob Wiemann tatsächlich falsch und damit betrügerisch abgerechnet habe, hat die KV nie durchgeführt. Im Gegenteil: Wiemann bemühte sich, seinen Aufwand für die erbrachten Leistungen zu belegen. Er legte sämtliche Befunderhebungen eines Quartals und auch das Protokoll seiner Arbeitszeit-Erfassung bei der Kassenärztlichen Vereinigung in Dortmund vor, doch dies wurde nicht akzeptiert. Eine Arbeitszeit-Erfassung könne man schließlich manipulieren, erhielt er zur Antwort. Auch das Angebot, Patienten für Befunderhebungen zu benennen, damit die KV im Detail klären kann, ob die Behandlung auch tatsächlich durchgeführt wurde, lehnte die KV ab. Dass die Nachtwachen in Wiemanns Schlaflabor an Eides statt bezeugen würden, wie lange Wiemann abends in der Praxis arbeite, fand auch keine Akzeptanz bei der KV.

Wenn Josef Wiemann ab dem 1. Oktober nicht mehr Kassenarzt ist, bekommt die KV von ihm keine Quartals-Abrechnungen mehr, von denen sie Geld für die Rückzahlungs-Forderung abziehen kann. "Dann muss mir die KV einen Zahlungsbefehl schicken - und gegen den werde ich mich mit allen Mitteln zur Wehr setzen", so Wiemann. In einem öffentlichen Gerichtsverfahren. Abgesehen davon will Josef Wiemann Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstatten gegen zwei Mitarbeiterinnen der KV - wegen Willkür.

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Zusätzlich zu den Forderungen der KV muss der Lungenfacharzt noch bis Ende 2018 seine Praxis-Miete in der Haranni-Clinic zahlen - jährlich rund 200.000 Euro. Mittlerweile hat er ein von seinen Eltern geerbtes Haus verkauft und seine Lebensversicherung aufgelöst, um Außenstände bei seiner Bank und einen Teil der Mietschulden zu begleichen.

| Autor: Günter Mydlak