halloherne.de

lokal, aktuell, online.

Ehefrau darf neben ihrem Mann bestattet werden

Eine jüdische Kultusgemeinde darf auf ihrem Friedhof ein Grabnutzungs-Recht eines überlebenden Ehegatten nachträglich nur beschränken, wenn sie dabei die Totenwürde des dort bereits beerdigten Ehegatten angemessen berücksichtigt. Das hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen am Dienstag (3.1.2017) entschieden.

Anzeige: Glasfaser in Crange

Kläger waren die Kinder eines im Jahre 1996 verstorbenen Essener Juden. Er hatte für sich und seine nichtjüdische Ehefrau, die Stiefmutter der Kläger, 1971 bei der beklagten jüdischen Kultusgemeinde gegen Zahlung einer Gebühr ein Doppelgrab auf deren jüdischem Friedhof in Essen reservieren lassen. Die Kultusgemeinde hatte ihm die Reservierung damals schriftlich mit dem Zusatz bestätigt, "trotzdem Ihre Gattin Nichtjüdin ist". Er wurde 1996 in dem Doppelgrab beerdigt.

Nach dem Tod seiner Ehefrau 2011 lehnte die Kultusgemeinde deren Bestattung in der anderen Grabstelle mit der Begründung ab, der Friedhof sei seit Inkrafttreten ihrer Friedhofs-Satzung im Jahr 1998 Mitgliedern vorbehalten. Sie vertrete seitdem eine streng orthodoxe Ausrichtung ihres jüdischen Glaubens-Rechts, der die Bestattung auch der Ehefrau widerspreche. Um die Bestattungsfrist einzuhalten, ließen die Kinder die Bestattung zunächst auf einem städtischen Friedhof vornehmen und verklagten die Kultusgemeinde.

Anzeige: Spielwahnsinn 2024

Der 19. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat nun, ebenso wie bereits das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, den Klägern den Anspruch zugesprochen, ihre Stiefmutter neben ihrem Vater bestatten zu lassen. Die Kultusgemeinde verstoße mit der Ablehnung offensichtlich gegen die Totenwürde beider Eheleute, in der sich ihre Menschenwürde als oberstes Verfassungsprinzip nach dem Tod fortsetze. Beide hätten mit dem Erwerb des Grabnutzungs-Rechts den Wunsch artikuliert, in dem erworbenen Doppelgrab als Eheleute gemeinsam die letzte Ruhe zu finden. Dieser Belang habe unter den Umständen des vorliegenden Einzelfalles Vorrang vor dem ebenfalls besonders hoch zu gewichtenden Schutz des Selbstverwaltungsrechts der Kultusgemeinde. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar. Aktenzeichen: 19 A 1970/14 (I. Instanz: VG Gelsenkirchen 14 K 744/12)

| Quelle: Oberverwaltungsgericht NRW